Die Atomverhandlungen mit dem Iran gehen in die entscheidende Runde. Die fünf UN-Vetomächte sowie Deutschland wollen bis zum Montag eine Lösung des Atomstreits finden. Sie wollen Gewissheit, dass Teheran keine Atombombe baut.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Der Erwartungsdruck ist hoch. Der deutsche Außenminister Franz-Walter Steinmeier verkürzte sogar seinen Besuch in Afrika, weil die Atomverhandlungen in Wien in die entscheidende Runde gehen. Unlängst betonte er erneut, wie wichtig eine Einigung zum jetzigen Zeitpunkt wäre. Eine solche Gelegenheit wie jetzt nach einjährigen intensiven Verhandlungen werde sich so schnell nicht wieder ergeben.

 

Die Ministergespräche in Wien wurden allerdings bereits nach wenigen Stunden unterbrochen. US-Außenminister John Kerry werde nach Paris reisen, um sich mit den europäischen Partnern und Regierungsstellen in Washington auszutauschen, teilte seine Sprecherin am Freitag in Wien mit. Wann er zu den Verhandlungen nach Wien zurückkehren werde, stehe noch nicht fest. Auch der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif sollte nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Irna am Freitagabend zu Beratungen mit seiner Regierung nach Teheran zurückkehren. Westliche Diplomaten erwarteten seine Rückkehr nach Wien über das Wochenende.

Irans Atomprogramm soll rein friedlichen Zwecken dienen

Die Fronten sind in Wien klar gezogen: der Westen will bei den Gesprächen der 5+1-Gruppe (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland) mit Teheran die Gewissheit, dass das iranische Atomprogramm rein friedlichen Zwecken dient. Der Iran will, dass die Wirtschaftssanktionen gegen das Land aufgehoben werden. Die Aussichten auf eine Einigung sind allerdings mehr als unklar. Eine Einigung gilt aber deshalb als besonders wünschenswert, weil sie im Krisenjahr 2014 einer der wenigen diplomatischen Erfolge in der Weltpolitik wäre. Der Kampf gegen die IS-Terrormiliz hat außerdem die Bedeutung von Teheran als regionaler Macht im Mittleren Osten verdeutlicht.

Zu den letzten Knackpunkten in der Schlussrunde zählen vor allem die Möglichkeiten der Urananreicherung durch den Iran. Hier liegen die Vorstellungen der 5+1-Gruppe und Teherans noch weit auseinander. Die internationale Gemeinschaft will die zum Betrieb von Kernkraftwerken nötige Infrastruktur so begrenzen, dass der Iran kaum noch eine Chance zum Bau einer Atombombe hätte. Ein Weg könnte sein, dass der Iran sein Uran im Ausland lagern muss.

Der Iran will sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen

„Angesichts der immensen politischen Investitionen ist es schwer vorstellbar, dass man sagt, das war es“, behauptet der Iran-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Oliver Meier. Sollte bis Montag keine Einigung zustande kommen, werde trotz Ultimatums einfach weiterverhandelt, davon ist er überzeugt. Der Iran will sich aber nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Außenminister Mohammad Javad Zarif erklärte, dass beide Seiten auch eine Verlängerung der Verhandlungen zumindest bis zum Ende des persischen Jahres (20. März 2015) in Erwägung ziehen sollten.

Auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow kann sich eine Verlängerung der Frist vorstellen. Moskau spielt möglicherweise bei der Kontrolle des iranischen Urans eine Schlüsselrolle. Laut „New York Times“ hat Teheran unter Vorbehalt zugestimmt, einen Großteil seiner Uranvorräte nach Russland zu schicken und dort zu lagern. Das würde der Westen begrüßen. Denn wenn sich Irans nukleares Material im Ausland befände, würde die Entwicklung von Atomwaffen im Zweifelsfall deutlich länger dauern.

Angst vor einer Atommacht Iran hat vor allem Jerusalem. Israel fühlt sich vom Iran existenziell bedroht. Irans religiöser Führer Ajatollah Ali Chamenei hat jüngst in neun Punkten aufgelistet, warum „das zionistische Regime“ ausgelöscht werden müsse.