Nach einer Protestaktion gegen die Abschiebung eines Asylbewerbers in Fellbach will die Staatsanwaltschaft nicht gegen die Blockierer vorgehen. Eine irritierende Aussage des Fellbacher Polizeichefs wird im Polizeipräsidium Aalen als „unglückliche Wortwahl“ bezeichnet.

Fellbach - Der Einsatz von Fellbacher Polizeikräften im Flüchtlingsheim in der Bruckstraße war eigentlich tadellos. Das Verhalten aller Beteiligten sei – so zumindest nach aktuellem Stand – korrekt gewesen, sagt zumindest die Pressesprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, Claudia Krauth: „Wir sehen derzeit keinerlei strafrechtliche Ansätze.“

 

Wie berichtet, hatten etwa zehn Ordnungshüter in der Nacht zum Donnerstag bald bemerkt, dass sie gegen gut 100 Blockierer, unter anderem vom Freundeskreis für Flüchtlinge, gewaltfrei nicht weiterkommen würden. Ihre Aufgabe, einen jungen Gambier abzuholen, um ihn zu einem Flieger mit Ziel Italien zu bringen, jenem Land, in das er bei seiner Einreise nach Europa als erstes gelandet war, konnten sie ohne Zwang nicht erfüllen. Also zogen sie sich zurück.

Auf beiden Seiten war die Stimmung friedlich geblieben. Protestierer und Polizisten wären wohl auch harmonisch auseinandergegangen, hätte nicht ein Satz des Fellbacher Polizeichefs Klaus Auer die Atmosphäre gestört. „Ihr habt vielleicht eine Schlacht gewonnen, aber den Krieg gewinnen wir“, hatte er zu den Menschen gesagt, die im ersten Stock des Wohncontainers den Flur füllten und den Polizisten den Zugang zu dem Zimmer des 23-jährigen Gambiers versperrten.

„Aussage war unglücklich gewählt“

Er sei überzeugt davon, dass Auer nicht gemeint habe, was die Wortwahl vermittle, sagt Bernhard Kohn, der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Aalen. „Aber natürlich war die Aussage, gerade im Zusammenhang mit Menschen, die aus kriegerischen Auseinandersetzungen kommen, unglücklich gewählt.“ Die Phrase sei der Situation geschuldet gewesen, um eine „temporäre und scheinbare Niederlage zu kaschieren“ und ihr die Wirkung nehmen. „Denn für eine örtliche Polizei ist diese Konstellation nicht einfach.“ Er kenne Klaus Auer und sei überzeugt, dass es eine unbedachte Spontanäußerung war, sagt Kohn. „Nur in der Wortwahl hat er sich vergaloppiert.“

Überhaupt, dass es hier darum gehe, Kriege zu gewinnen, sei eine falsche Botschaft, sagt Kohn. Zumal das Verhalten der Polizei auf Defensive ausgelegt gewesen sei. Die Ordnungshüter hätten auf das Durchsetzen der Rückführung nach Italien, wie es amtlich heiße, verzichtet, obwohl sie es nicht gemusst hätten. „Sie sind einen Schritt zurückgegangen – etwas, das auch nicht einfach ist.“ Tatsächlich suche man in solchen Fällen nicht die Konfrontation, sagt Kohn. „Zum Glück ist das, was in Fellbach passiert ist, die Ausnahme bei uns, es kommt aber schon mal vor, dass angekündigte Abschiebungen nicht klappen, weil der eine oder andere untertaucht.“ Das sei aber nicht die Regel. „Und ein aktiver Schutz durch Dritte schon gar nicht, aber ganz neu ist das nicht für uns.“ Die Zahl an Menschen, die sich in Fellbach mit dem Flüchtling solidarisiert hätten, sei aber durchaus ungewöhnlich hoch.

Inhaltlich habe der Fellbacher Polizeichef allerdings völlig Recht, sagt Kohn. „Die Geschichte ist nicht ausgestanden. Auer hat das Richtige gemeint, aber das falsche Vokabular benutzt.“ Anders als die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, die keinen Handlungsbedarf sieht, überprüft das Polizeipräsidium noch, ob jemand aus den Reihen der Blockierer gegen das Strafrecht verstoßen hat oder ob es Ordnungswidrigkeiten gab, etwa jemand einem polizeilich ausgesprochenen Platzverweis nicht nachkam.

Der junge Mann aus Gambia hofft derweil, dass bis zum 1. Juli, wenn die Frist für eine Rückführung nach Italien verstrichen ist, sich die Polizei nicht mehr bei ihm in der Bruckstraße melden wird. Und für den 2. Juli hat Modoulamin C. einen Termin bei einem Anwalt. Er soll ihn beim Asylersuchen in Deutschland unterstützen.