Im Fall des Verhungerten Insassen in der JVA Bruchsal muss sich die Ärztin des Gefängnisses vor Gericht verantworte. Der Frau wird fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Das Verfahren gegen den Anstaltsleiter wurde dagegen eingestellt.

Bruchsal/Karlsruhe - Knapp ein Jahr nach dem Hungertod eines Häftlings im Bruchsaler Gefängnis hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Anklage gegen die Anstaltsärztin erhoben. Das Verfahren gegen den Anstaltsleiter sei dagegen eingestellt worden, teilte die Behörde am Dienstag mit. Gegen die Ärztin bestehe der Verdacht der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen. Den Ermittlungen zufolge litt der Gefangene an einer krankhaften geistigen Störung, die seine freie Willensbildung ausschloss.

 

Der Mann aus dem afrikanischen Burkina Faso war im August 2014 in seiner Zelle verhungert. Er hatte lange in Einzelhaft gesessen - zuletzt ohne Genehmigung des zuständigen Justizministeriums.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft durfte der Anstaltsleiter sich darauf verlassen, dass die Anstaltsärztin den Gesundheitszustand des Gefangenen ausreichend überwacht. Der Tod des Mannes sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen. „Ein persönlicher Schuldvorwurf kann dem suspendierten Anstaltsleiter daher nicht gemacht werden“, teilte die Anklagebehörde mit. Die Ärztin sei dagegen unmittelbar für die gesundheitliche Überwachung und Versorgung des Gefangenen verantwortlich gewesen. Sie hätte erkennen müssen, dass der Gefangene eine medizinischen Versorgung brauchte - auch zwangsweise.

Aufsicht über Anstalten verstärkt

Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) betonte, dass sein Haus auf korrekte Einschätzungen und zuverlässige Weiterleitung von Informationen angewiesen sei. Das Ministerium könne seine Aufsichtsfunktion nur wirksam ausüben, wenn das Personal den gesundheitlichen Zustand von Gefangenen fachkundig beurteilen könne und Informationen schnell und vollständig an die Anstaltsleitung weitergebe.

Er habe nach dem Tod des Häftlings in Bruchsal (Kreis Karlsruhe) veranlasst, die Strukturen im Justizvollzug zu überprüfen, teilte Stickelberger mit. Außerdem sei die Aufsicht über die Anstalten verstärkt worden. Im Spätsommer solle eine unabhängige Expertenkommission ihren Abschlussbericht zur Verbesserung der Betreuung von psychisch auffälligen Gefangenen vorlegen.

Die Staatsanwaltschaft wies darauf hin, dass die Unschuldsvermutung auch nach Erhebung der Anklage bestehe. Der Justizminister riet ebenfalls dazu, zunächst die Ergebnisse des weiteren gerichtlichen Verfahrens abzuwarten. Wegen des großen öffentlichen Interesses ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft das Landgericht Karlsruhe und nicht das Amtsgericht zuständig. Die Zukunft des JVA-Leiters war zunächst noch offen.