Ergo erwägt den Verkauf von sechs Millionen klassischen Lebensversicherungsverträgen. Um ihr Geld müssen die Betroffenen zwar nicht fürchten – aber viele dürften sich verraten fühlen. Mit Blick auf seine Attraktivität auch für neue Kunden sollte der Konzern seine Pläne überdenken, meint unsere Finanzexpertin Barbara Schäder.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Eine Lebensversicherung ist kein Produkt wie jedes andere. Die Überlegungen von Ergo, rund sechs Millionen Verträge zu verkaufen, dürften deshalb viele Betroffene verunsichern. Geschlossen haben sie ihre Verträge schließlich mit den früheren Ergo-Tochtergesellschaften Victoria und Hamburg-Mannheimer. Mit diesen Namen verband sich ein Soliditätsversprechen, im Falle der Hamburg-Mannheimer verkörpert durch die Werbefigur „Herr Kaiser“. Obendrein steht hinter Ergo der weltweit größte Rückversicherer Munich Re.

 

Ein Verkauf bedarf der Zustimmung der Finanzaufsicht

Dass dieser vertraute Vertragspartner nun einen Verkauf älterer Lebensversicherungsverträge an noch anonyme Investoren erwägt, ist für die Kunden bitter. Es ist aber kein Grund zur Panik. Denn wer immer die Policen erwirbt, muss die dauerhafte Erfüllbarkeit der Verträge garantieren. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, wird von der Finanzaufsichtsbehörde Bafin überprüft.

Misstrauisch stimmt freilich, warum sich andere Gesellschaften überhaupt für die Altverträge der Ergo interessieren sollten. Wenn die Bedienung der vergleichsweise hoch verzinsten Policen diesem Konzern zu teuer ist, warum sehen dann andere Unternehmen genau in diesen Verträgen ein Geschäftsmodell? Die Antwort lautet: Spezialisierung. Sogenannte Run-off-Plattformen, die sich auf die Verwaltung von Altverträgen konzentrieren, verzichten auf andere Aktivitäten wie den Vertrieb. Dadurch, so zumindest das Kalkül, können sie ihr Kerngeschäft günstiger erledigen. Sollte diese Rechnung nicht aufgehen und eine Run-off-Plattform pleite gehen, so spränge wie bei jeder Lebensversicherung der Sicherungsfonds Protektor ein.

Eine andere Frage ist allerdings, ob Ergo sich mit einem Verkauf langfristig einen Gefallen täte. Denn eine Versicherung lebt von Vertrauen – und das leidet, wenn man seine Altkunden im Stich lässt.