Nachdem der verkaufsoffene Sonntag am 2. Oktober am Widerstand der Gewerkschaft Verdi gescheitert ist, standen auch die Veranstaltungen in den Bezirken auf der Kippe. Doch es sieht wohl nicht gar so düster aus.

Filder - Nachdem die City Initiative Stuttgart (CIS) den verkaufsoffenen Sonntag in der Innenstadt am 2. Oktober wohl auf das Drängen der Gewerkschaft Verdi absagen wird, machte sich auch in anderen Stadtbezirken Panik im Einzelhandel breit. Denn in einer Erklärung legte Verdi nicht nur Widerspruch gegen den verkaufsoffenen Sonntag in der City, sondern auch explizit gegen alle verkaufsoffenen Sonntage in allen Stadtbezirken ein. Jetzt ist die Gewerkschaft zurückgerudert – in einem Pressegespräch hat sie am Freitagmorgen im Willy-Bleicher-Haus verkündet, dass die verkaufsoffenen Sonntage jenseits der Innenstadt weiterhin stattfinden können, wenn sie an Traditionsveranstaltungen angeschlossen sind. Der Einzelhandel atmet zwar auf. Doch manche Veranstaltungen könnten den verkündeten Kriterien nicht standhalten.

 

In Degerloch bedeuten die Vorgänge, dass es vom Regen in die Traufe ging. Denn den verkaufsoffenen Sonntag, den es im Rahmen der Degerlocher Kirbe am 30. Oktober geben soll, wäre ohnehin fast geplatzt. Das Fest kam sich mit dem Bauprojekt eines neuen Gemeindehauses der evangelischen Kirche am Agnes-Kneher-Platz ins Gehege – jetzt haben sich die Parteien darauf verständigt, die Baustelle temporär während der Kirbe zurückzubauen.

Ein wichtiger Pfeiler

Das schien zunächst vergebene Liebesmüh zu sein. Denn der Kirbe, die von der Freiwilligen Feuerwehr und dem Degerlocher Gewerbe- und Handelsverein (GHV) gemeinsam veranstaltet wird, würde mit dem Wegfall des verkaufsoffenen Sonntag ein wichtiger Pfeiler wegbrechen. „Das ist für uns ein echter Schlag ins Gesicht“, sagt Eberhard Klink, Vorsitzender des GHV. Er hält den Vorstoß von Verdi für eine „hanebüchene“ Aktion, die den kleinen, inhabergeführten Einzelhandel massiv schwäche. „Das ist nicht das Milaneo. Das sind kleine Geschäfte, die den Stadtbezirk attraktiver machen“, so Klink weiter. Er ist froh, dass Verdi jetzt doch noch eingelenkt hat. Darum gehen die Planungen am verkaufsoffenen Sonntag während der Kirbe aktuell wie gehabt weiter.

Wenn die Kirbe den neuen Veranstaltungsrichtlinien nicht standhalten könnte, würde das vermutlich noch weitere Kreise ziehen. Die Zukunft der gesamten Degerlocher Kirbe wäre damit in Gefahr, glaubt Frank Althoff von der Freiwilligen Feuerwehr: „Wenn es so weitergeht, stirbt die Kirbe.“ Wenn es keinen verkaufsoffener Sonntag mehr gebe, stimme das Angebot der Kirbe in Summe nicht mehr. Wenn dadurch weniger Besucher kommen würden, wäre die Veranstaltung nicht nur für die Einzelhändler, sondern auch für die Freiwillige Feuerwehr nicht mehr attraktiv. „Ich habe dafür überhaupt kein Verständnis“, sagt Althoff.

Angst um den Degerlocher Sommer

Nicht nur die Kirbe, sondern auch der Degerlocher Sommer im Juli wäre betroffen, wenn die Stadt künftig Jahre keine Sondergenehmigungen für verkaufsoffene Sonntage ausstellen würde, die zusammen mit Traditionsveranstaltungen stattfinden. Diesen Punkt erfüllt der Degerlocher Sommer wohl nicht – er fand in diesem Jahr erst zum dritten Mal statt. Im „schlimmsten Fall“, befürchtet Althoff, wird es das letzte Mal gewesen sein.

Unproblematischer bewertet Anna Ventouri die Lage in Birkach. Für den verkaufsoffenen Sonntag dort nächstes Jahr im Juni sieht die Vorsitzende des Selbstständigenvereins Birkach aktiv keinen Grund zur Aufregung. Sie glaubt, dass der verkaufsoffene Sonntag dort auf jeden Fall stattfinden kann. „Wir können aber jetzt noch nicht über ungelegte Eier sprechen“, sagt sie.

Mitglieder wollen gemeinsam beraten

Mehr Sorgen machte sich zunächst die Sillenbucher Meile um ihren Martinimarkt am 6. November. Im September sollen die Mitglieder des Sillenbucher Gewerbevereins miteinander beraten, wie es nach jüngsten Entwicklungen weitergeht mit der Traditionsveranstaltung. „Das ist kein Thema, was der Vorstand unter sich diskutieren kann. Denn das betrifft alle Mitglieder gleich“, sagte der Meilevorsitzende Salvatore Ciminnisi. Nachdem Verdi nun verkaufsoffene Sonntage in den Bezirken ermöglichen will, zeigt sich Ciminnisi erleichtert. An das kommende Jahr will er im Moment noch nicht denken. „Was nächstes Jahr wird, müssen wir dann sehen“, sagt er.

„Eine Katastrophe“ wäre es aber aus seiner Sicht, wenn der Einzelhandel in Sillenbuch aufgrund des Drucks von Verdi in den kommenden Jahren auf einen verkaufsoffenen Sonntag verzichten müsste. „Gerade nach der Sommerpause können die Geschäfte in Sillenbuch ein finanzielles Polster gut gebrauchen durch Einnahmen bei einem verkaufsoffenen Sonntag“, sagt der Vorsitzende der Sillenbucher Meile.

Veranstalter wollen an Plänen festhalten

Zunächst etwas entspannter, da unter geringerem Entscheidungsdruck reagierte die Plieninger Leistungsgemeinschaft (PLG) auf den Widerspruch der Gewerkschaft gegen verkaufsoffene Sonntage. Denn erst im kommenden Juni gibt es wieder eine solche Veranstaltung in Plieningen, die gemeinsam mit Birkach während des Sommerfests organisiert wird. Nun sind es aber die Veranstalter in Plieningen und Birkach, die nach der jüngsten Entscheidung von Verdi sich nicht ganz sicher fühlen können, ob sie auch in Zukunft zu einen verkaufsoffenen Sonntag laden können. Denn wie sich die Gewerkschaft im kommenden Jahr zu verkaufsoffenen Sonntagen in den Bezirken positionieren wird, hält sie sich im Moment noch offen. An den Planungen werde dennoch festgehalten, betont Folker Baur von der PLG. „Unsere Veranstaltung ist auch für soziale Einrichtungen wichtig, die sich dabei der Öffentlichkeit vorstellen können“, sagt er. Konstantin Marmonitis, erinnert daran, dass in beiden Bezirken bei verkaufsoffenen Sonntagen ohnehin die Inhaber selbst in den Geschäften stünden. Er hoffe, dass es auch künftig möglich für das Plieninger und Birkacher Gewerbe sein wird, sich zu repräsentieren. „Gerade in den Randbezirken haben es die Ladenbesitzer doch ohnehin schon schwer“, sagt Marmonitis.