Erst Stuttgart, jetzt Ludwigsburg: die Gewerkschaft Verdi will die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage reduzieren. Betroffen sind sowohl die Veranstaltungen im Breuningerland als auch in der Innenstadt. Verdi droht offen mit einer Klage – die Erfolgsaussichten sind hoch.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Der Konflikt um verkaufsoffene Sonntage hat Ludwigsburg erreicht. Zwar hat der städtische Verwaltungsausschuss am Dienstag vier Shopping-Sonntage im kommenden Jahr genehmigt, aber dass die Veranstaltungen stattfinden, ist mehr als fraglich. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die bundesweit eine Initiative gegen Sonntagsarbeit gestartet hat, wird die Genehmigung voraussichtlich anfechten – und hat gute Erfolgsaussichten. „Wir behalten uns vor, den verfassungsrechtlich vorgegebenen Schutz des Sonntags auch gerichtlich durchzusetzen“, heißt es in einem Schreiben der Gewerkschaft an die Stadt.

 

Dem Ludwigsburger Rathaus liegen sechs Anträge für verkaufsoffene Sonntage vor: zwei von Breuningerland, wo im April und Oktober Oldtimer-Ausstellungen mit verkaufsoffenen Sonntagen geplant sind. Dazu drei Anträge des Innenstadtvereins Luis für „Freujahrsshopping“, „Märzklopfen“ und Kastanienbeutelfest nebst „Shoptober“. Den sechsten Antrag stellten die Veranstalter des Neckarweihinger Kiesranzenfests, das ebenfalls an einen Shopping-Sonntag geknüpft ist.

Genehmigt haben die Stadträte erst einmal nur vier Sonntage. Die Breuningerland-Veranstaltungen wurden zurückgestellt, denn vor allem sie sind Verdi offenbar ein Dorn im Auge.

Das Ordnungsamt verhandelt mit der Gewerkschaft – und gibt sich selbstbewusst

Das zuständige Ordnungsamt hat sich mehrfach mit Verdi-Vertretern zu Verhandlungen getroffen, ohne eine Einigung zu erzielen. Die Gewerkschaft wäre wohl bereit, einige Shopping-Sonntage zu akzeptieren, sofern diese eine gewisse gesellschaftliche Relevanz und Verankerung vorweisen können. „Bei Breuninger sieht Verdi die geringste gesellschaftliche Verankerung“, sagt Gerald Winkler, der Leiter des Amts.

Offiziell richtet sich die Klageandrohung indes gegen alle sechs Sonntage in Ludwigsburg. Grundsätzlich gilt, dass verkaufsoffene Sonntage nur unter bestimmten Bedingungen genehmigungsfähig sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Regelung im vergangenen Jahr noch einmal präzisiert. Demnach ist eine sonntägliche Ladenöffnung nur zulässig in Verbindung mit einer Veranstaltung, also einer Messe, einem Markt oder Fest – und auch nur dann, wenn diese Veranstaltung selbst prägend für den Sonntag ist. Die geöffneten Läden dürfen also nur das Sahnehäubchen sein, nicht die Sahne. „Wir sind der Meinung, dass bei uns alle geplanten Veranstaltungen zulässig sind“, sagt Winkler, aber das ist eine zumindest gewagte Aussage.

In Stuttgart hatte Verdi Erfolg, aber in Sindelfingen dürfen die Läden am Sonntag öffnen

In Stuttgart hat die Allianz für den freien Sonntag, der sich neben Verdi auch die Kirchen angeschlossen haben, schon vor Wochen interveniert. Die City-Initiative sagte den für Oktober vorgesehenen verkaufsoffenen Sonntag daraufhin ab – aus Furcht vor einem Rechtsstreit. Auch in vier Stuttgarter Stadtteilen machten die Veranstalter einen Rückzieher. In Sindelfingen musste Verdi jedoch gerade eine Niederlage hinnehmen: Der Verwaltungsgerichtshof hat am Mittwoch den Eilantrag der Gewerkschaft gegen einen dort vorgesehenen verkaufsoffenen Sonntag abgewiesen.

In Ludwigsburg wird nun zu klären sein, ob bei einer Veranstaltung wie dem Kastanienbeutelfest das Fest mitsamt Markt im Vordergrund steht. Oder doch eher der dazugehörige „Shoptober“ mitsamt Verkehrschaos, übervoller Fußgängerzone und übervollen Läden im Marstall.

Und im Breuningerland? Der Center-Manager Torsten Keller verweist auf die Popularität der vor 14 Jahren ins Leben gerufenen Oldtimer-Sternfahrten. „Die Nachfrage und der Besucherandrang sind riesig“, sagt er. Aber auch hier stellt sich die Frage: sind die geöffneten Läden eher Dreingabe oder der eigentliche Kern der Veranstaltung – in dem Fall müssen die Läden künftig wohl geschlossen bleiben.

„Das Internet wird am Sonntag ja auch nicht abgestellt“, heißt es aus dem Breuningerland

Für Breuninger, sagt Keller, wäre das ein Rückschlag. „Wir spüren, dass wir an solchen Tagen ganz anderes Publikum haben.“ Bei verkaufsoffenen Sonntagen gehe es auch ums Marketing für die Innenstädte und Einkaufszentren. „Wir gewinnen dabei Kunden, die merken: Ludwigsburg ist eine tolle Stadt, da gehen wir öfter hin.“ Auch mit Blick auf die Online-Konkurrenz sei dies wichtig „Das Internet wird am Sonntag ja auch nicht abgestellt.“

Anders als Verdi geht Keller davon aus, dass die Mitarbeiter, sofern es nicht oft vorkomme, gern an Sonntagen arbeiten, weil es dafür saftige Zuschläge gebe. „Ich kenne keinen Einzelhändler, der je Probleme hatte, für den Sonntag Mitarbeiter zu finden.“ Keller hofft, dass sich die Stadt und Verdi gütlich einigen und die Gewerkschaft sich offen für die Argumente der Händler zeigt. „Unsere Position darlegen und abwarten, mehr können wird gerade nicht machen.“

Am Mittwochabend sollte das Thema im Gemeinderat behandelt werden, aber der Tagesordnungspunkt wurde abgesetzt. Es gebe noch Klärungsbedarf, sagte der Oberbürgermeister Werner Spec.