In der Fellbacher Bahnhofstraße sind im Rahmen der Tempo-30-Zone neue Schilder angebracht worden. Für so manchen Radler sind sie allerdings ein Rätsel.

Fellbach - Morgens in aller Frühe sind sie emporgekraxelt und haben damit offiziell jene Phase auf den Weg gebracht, die von nun an für mindestens ein Jahr gilt. Allzu schwierig war der Einsatz per Leiter im Morgengrauen für die Bauhofmitarbeiter in der Bahnhofstraße allerdings nicht. Hatten sie die entsprechenden Schilder doch bereits in der vergangenen Woche angebracht – diese mussten nun lediglich von den übergestülpten blauen Plastiksäcken befreit werden. Damit gilt seit Montagvormittag Tempo 30 in der nördlichen Bahnhofstraße ebenso wie in der nördlichen Esslinger Straße.

 

Der Radverkehr soll auf die Straße verlegt werden

Erklärtes Ziel des Modellversuchs ist neben der Tempobremse im Abschnitt zwischen Stuttgarter Platz und Bahnhofsunterführung auch die Verlagerung des Radverkehrs auf die Straße. Dass dies kein Zwang ist, zeigen allerdings die unter den Fußgängerschildern angebrachten Hinweise „Radfahrer frei“. Es ist also weiterhin erlaubt, den rot angestrichenen, knapp einen knappen Meter breiten Radweg zu nutzen. Dass die Radler dort tatsächlich nur „Schrittgeschwindigkeit“ fahren dürfen, wie es die Stadt in ihrer Erklärung vergangene Woche angekündigt hatte, ist auf den kleinen Zusatzschildern nicht vermerkt. Das muss aber auch nicht sein – da es nunmehr prinzipiell Gehwege sind, ist dieses langsame Fahren für Radler de facto Bestandteil der Regelung.

Grundsätzlich empfiehlt die Stadtverwaltung den Pedaleuren allerdings ohnehin, auf die Parallelstraßen auszuweichen – so ist die Theodor-Heuss-Straße ebenfalls am Montagvormittag zur sogenannten Fahrradstraße umgewidmet worden.

Großartige Veränderungen am Fahrverhalten sind – bei einer Vor-Ort-Inspektion unserer Redaktion zur Mittagszeit – in der Bahnhofstraße nicht auszumachen. Sämtliche Radfahrer, die in der halben Stunde dort zu beobachten sind, strampeln über den bisherigen Rad- oder gar den Gehweg. Manche legen mit ihrem Drahtesel auch eine kurze Rast ein – entweder am nördlichen oder am südlichen Ende der Versuchsstrecke. Dort hat die Bauverwaltung zwei Quader aufstellen lassen, mit Hinweistafeln, wie man sich am besten verhält. Außerdem ist auf einer Tafel eine Stadtkarte mit den neuen Alternativrouten für Radler aufgezeichnet.

Der schnelle Blick auf die Infotafel kann in die Irre führen

Der schnelle Blick auf diese Infotafel könnte allerdings in die Irre führen. Lautet die weithin sichtbare Parole doch: „Hier gilt Tempo 30.“ Gestalterisch in Szene gesetzt ist das Ganze durch die Ziffer 30 in einem roten Verbotsschildkreis. Erste Interpretation: „Aha, hier sollen also die Radler künftig höchstens mit ,30 Sachen’ unterwegs sein.“ Na, das trifft allenfalls für jene Fellbacher Tempobolzer auf den Rennrädern zu, die dank phänomenaler Lungenkraft deutlich über die maximal vorgeschriebene Geschwindigkeit kommen und künftig ihre strammen Waden zurückhaltender einsetzen müssen.

Nein, im Ernst, die Tempo-30-Regelung bezieht sich natürlich vor allem auf die Auto- und Lastwagenfahrer, die in der nördlichen Bahnhofstraße unterwegs sind. Dass am Montag zur Mittagszeit kaum Überschreitungen zu erkennen sind, ist kaum verwunderlich. Die Verkehrsverhältnisse lassen zu diesen Uhrzeiten selten mal Tempo 50 oder gar mehr zu.

Als Erziehungsmaßnahme wurde auf halber Strecke allerdings ein Messgerät installiert – zur Aufklärung für die Autofahrer, wie schnell sie denn sind. Wer korrekt fährt, wird mit einem Smiley bedacht. Ab 30 Stundenkilometer werden die warnenden heruntergezogenen Mundwinkel eingeblendet – nach dem Motto: „Das freut uns aber gar nicht, dass du dich nicht ans vorgeschriebene Tempo hältst.“

Rund 50 000 Euro kostet das Projekt

Dass das 50 000 Euro teuren Projekt sofort alle Schwierigkeiten in der Bahnhofstraße beseitigt, darauf sollte man ohnehin nicht hoffen. In den nächsten Wochen muss sich die neue Regelung noch einspielen beziehungsweise einfahren. Erst allmählich wird sich dann zeigen, ob der Großteil der Radler in der Bahnhofstraße auf die Fahrbahn ausweicht und ob sich die teils unübersichtliche und durchaus auch gefährliche Lage auf den Gehwegen und vor den Ladentüren entschärft.

Die mobilen Blitzer wie stationären Geschwindigkeitsmessgeräte, die Fellbachs Tiefbauamtsleiter Thomas Stengel bereits vor einigen Tagen zwecks Überprüfung der Lage angekündigt hat, werden vermutlich noch nicht umgehend scharf gemacht.