Bei den Plänen zur neuen Neckar-Querung sind sich Stadt und Land uneins. Das Regierungspräsidium sieht nur die Brücke selbst mit kurzen Anschlussbereichen als Gemeinschaftsprojekt an. Manche sehen nun das ganze Vorhaben in Gefahr.

Remseck - Es ist genau vier Wochen her, dass sich Dirk Schönberger im Interview mit dieser Zeitung über die Verzögerungen bei der Planung der Westrandbrücke beklagte. Seit Monaten warte er auf eine Antwort des Stuttgarter Regierungspräsidiums (RP) zur geplanten neuen Neckarquerung, sagte er damals. Nun hat der Remsecker Oberbürgermeister endlich Post aus Stuttgart bekommen. Doch der Inhalt dürfte seine Laune kaum gehoben haben – ganz im Gegenteil.

 

Offenbar gibt es gut ein Jahr, nachdem sich das Land und die Stadt darauf verständigt haben, die neue Brücke gemeinsam anzugehen, große Differenzen. Unter anderem geht es dabei – was wenig überraschend ist – ums Geld. Aus Sicht des RP ist die Westrandstraße, die die bisherige Landesstraße weiter westlich am Stadtteil Neckargröningen vorbeiführt, ein Vorhaben der Stadt. Auch der Anschluss der neuen Neckarbrücke ist aus RP-Sicht eine kommunale Angelegenheit. Finanziell beteiligen will man sich in Stuttgart mehr oder weniger nur am Viadukt selbst. Die Strecken bis dorthin seien „gesondert zu beauftragen“, heißt es in dem internen Schreiben. Im Rathaus sah man das bisher offenkundig komplett anders – und ist entrüstet: „Ich bin wahrlich nicht zufrieden“, sagt Dirk Schönberger.

Regierungspräsidium legt Veto ein

Zu den genauen Inhalten des Schreibens will sich der Oberbürgermeister nicht äußern, doch es gehe um „fundamentale Aussagen“, die für die Stadt „nicht akzeptabel“ seien. Fakt ist: die Stadt hat im vergangenen Jahr verschiedene Angebote von Planungsbüros eingeholt. Die Grundlage war das komplette Vorhaben, von der Kreuzung der Ludwigsburger Straße und der Landesstraße am nördlichen Ende von Neckargröningen bis zum Anschluss der neuen Brücke an die Fellbacher Straße zwischen Neckarrems und Fellbach-Oeffingen. In seinem Schreiben legt das Baudezernat des RP nun gegen diese Angebote sein Veto ein. Zum einen sei nur die Brücke und ein kurzer Bereich davor und dahinter ein Gemeinschaftsprojekt, zum anderen gebe es unterschiedliche Ansichten, wie die Brücke denn aussehen soll: Die Stadt hatte Pläne für zwei Spuren beauftragt, das Regierungspräsidium jedoch sieht mindestens drei Fahrstreifen als notwendig an. Insofern müssen neue Angebote eingeholt werden, was das Projekt auf den Stand von Februar 2016 zurückwirft.

Remseck will neue Gespräche

In Stuttgart sieht man das Versäumnis offenbar bei der Stadt. Dass nur die Brücke eine gemeinsame Sache sei, die Westrandstraße aber nicht, sei jedenfalls keine Neuigkeit, heißt es. Sollte das Land bei dieser Haltung bleiben, kämen auf Remseck beträchtliche Kosten zu: Die Verlegung der Straße, der Umbau wichtiger Kreuzungen, zum Beispiel jener an der Stadtbahn-Endhaltestelle und obendrauf ein Anteil an der neuen Brücke. Immense Ausgaben, zumal die Bagger für das 35-Millionen-Projekt Neue Mitte mit Rathaus und Stadthalle schon bald anrollen. Unter dem Strich ist das ein Paket, dass für die Stadt kaum zu schultern wäre, glaubt manch ein Insider.

Doch noch ist für die Befürworter der Brücke bei Weitem nicht alle Hoffnung verloren. Es gebe auch andere Fördermöglichkeiten des Landes, ist aus Stuttgart zu hören. Und die Remsecker Verwaltung will um das Projekt kämpfen: Man habe umgehend neue Gespräche gefordert, erklärt der Oberbürgermeister Dirk Schönberger. „Wir wollen dem Regierungspräsidium die Chance geben, noch einmal über das Schreiben nachzudenken.“

Der Verkehr nimmt stetig zu

Im vergangenen Jahr wurde das Verkehrsaufkommen an verschiedenen Stellen im Remsecker Stadtgebiet ausgewertet. An der Neckarbrücke wurde die Blechlawine beispielsweise eine Woche lang rund um die Uhr erhoben. Die Ergebnisse stellte das Ludwigsburger Planerbüro Kölz nun im Gemeinderat vor.

Rund 35 000 Fahrzeuge passieren werktags die Neckarbrücke nahe der Stadtbahn-Endhaltestelle, etwa ein Fünftel davon sind Lastwagen. Im Vergleich zu früheren Studien aus den Jahren 2011 und 2013 sind die Zahlen ähnlich, jedoch nutzen nun mehr Lkw die Brücke. Ähnliche Mengen gebe es sonst nur auf Bundesstraßen, sagte der Ludwigsburger Verkehrsgutachter Gunter Kölz.

Ein Knotenpunkt ist die Kreuzung vor dem Neckarremser Rathaus: Hier verkehren jeden Tag rund 40 000 Fahrzeuge, allein in der Remstalstraße sind es fast 30 000. Die Autokolonne ist größer geworden, am stärksten ist der Zuwachs in Aldingen.