Viele Herrenberger Sportler befürchten, dass sie ihr Stadion wegen einer neuen Straße aufgeben müssen. Doch ein neues Gutachten plädiert für eine andere Lösung zur Verkehrsentlastung der Herrenberger Innenstadt.

Herrenberg - In der Diskussion um die Verkehrsentlastung der Herrenberger Innenstadt spricht sich ein neues Gutachten gegen eine Umgehungsstraße aus. Der Bau einer Südwestumfahrung wäre teurer und langwieriger als andere Optionen, heißt es in der Bewertung der Brenner Ingenieurgesellschaft. Diese ist am Dienstagabend im Gemeinderat vorgestellt worden.

 

Die Gutachter plädieren stattdessen für eine innerstädtische Lösung: die Nagolder Straße und die Horber Straße sollen mit einem kurzen Tunnel verbunden werden, der unter dem Bahndamm hindurchführt. So könnte der Verkehr teilweise am zentralen Reinhold-Schick-Platz vorbeigelenkt werden, über den momentan täglich 40 000 Fahrzeuge fahren. Die Gutachter schlagen außerdem vor, den nördlichen Teil der Horber Straße in eine Fußgängerzone umzuwandeln.

15 Meter breiter Zebrastreifen statt dunkler Unterführung

Dieser Vorschlag würde etwa 15 Millionen Euro kosten. Würde er umgesetzt, wäre die Herrenberger Innenstadt für Fußgänger vom Bahnhof aus bequemer zu erreichen. Ein 15 Meter breiter Zebrastreifen mit Ampel soll außerdem die Überquerung des Reinhold-Schick-Platzes erleichtern. Bislang müssen Fußgänger eine dunkle Unterführung benutzen.

Die Ingenieurgesellschaft Brenner hat sich bereits in den vergangenen Jahren intensiv mit der Verkehrssituation in Herrenberg beschäftigt. Ihr Gutachten ist jedoch keine bindende Empfehlung für die Stadtverwaltung und den Gemeinderat. Der parteilose Herrenberger Oberbürgermeister (OB) Thomas Sprißler sagte bei der Vorstellung des Gutachtens, die Verwaltung würde erst am 21. Mai einen eigenen Vorschlag vorlegen.

Rückenwind für Gegner der Umgehungsstraße

„Vorher findet aber noch ein intensiver Abstimmungsprozess mit den Bürgern statt“, sagt der OB. Die endgültige Entscheidung wird der Gemeinderat voraussichtlich am 21. Juli treffen. Die Diskussion um die Verkehrsentlastung der Innenstadt reicht bis in die 80er Jahre zurück.

Das neue Gutachten gibt all jenen Rückenwind, die eine Südwestumfahrung ablehnen. Dazu gehören viele Anwohner in den Herrenberger Stadtteilen Holdergraben und Vogelsang, die zusätzlichen Lärm durch eine Umgehungsstraße befürchten. Eine Bürgerinitiative gegen die Umgehungsstraße umfasst nach Angaben ihres Sprechers Peter Würffell zwölf aktive Mitglieder und rund 80 Interessenten.

Sportler und Jugendliche können aufatmen

Aber auch viele Herrenberger Jugendliche und Sportler dürften von der Bewertung erleichtert sein. Denn die bislang diskutierten Vorschläge hätten ihnen zugesetzt: die Schießmauertrasse hätte den Verkehr am Herrenberger Jugendhaus vorbeigelenkt. Die Option „Bahntangente“ hätte ein Stück vom Stadion und dem neuen Kunstrasenplatz des Sportvereins VfL abgeschnitten und diese damit unbrauchbar gemacht. Die beiden Varianten sind zwar weiterhin im Rennen. Doch sie sind mit jeweils etwa 24 Millionen Euro deutlich teurer als die von den Gutachtern empfohlene Variante.

Der Vorschlag einer Südwestumfahrung hat vor allem in der Herrenberger SPD-Fraktion Unterstützer. Der Fraktionschef Bodo Philipsen hatte vor einigen Monaten darüber hinaus eine Südrandstraße vorgeschlagen. Diese soll die Herrenberger Nordumfahrung ergänzen und fast einen kompletten Ring um Herrenberg schaffen. Dafür soll in der Innenstadt die Fußgängerzone massiv ausgedehnt werden. Laut dem neuen Gutachten wären jedoch die Kosten dieser Variante mit knapp 97 Millionen Euro sehr hoch. Die ursprünglich diskutierte Südwestumfahrung würde etwa 56 Millionen Euro kosten.

Tunnel könnte in fünf bis zehn Jahren fertig sein

Thomas Sprißler äußerte am Dienstag keine klare Präferenz für einen der Vorschläge. Er sagte allerdings: „Wir suchen eine Lösung, die nicht erst in mehreren Jahrzehnten Veränderungen bringt.“ Dieses Kriterium trifft eher auf die innerstädtischen Lösungen zu. Ein Tunnel unter dem Bahndamm könne in „fünf bis zehn Jahren“ verwirklicht werden, sagte Sprißler. Eine Südumfahrung hingegen würde laut Gutachten „lange Realisierungszeiträume“ erfordern.

Interessierte können sich am Montag, 27. April, um 18 Uhr in der Herrenberger Stadthalle über die Verkehrsvarianten informieren. Die Herrenberger Verwaltung hat außerdem einen detaillierten Fahrplan für den Entscheidungsprozess vorgelegt.