In der entbehrungsreichen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Esslingen einen Stamtisch für Bahnbegeisterte. Daraus entwickelten sich die Verkehrsfreunde Stuttgart, die heute einer der größten Eisenbahnvereine Deutschlands sind. Jetzt wird das 70-Jahr-Jubiläum gefeiert.

Stuttgart - Am Anfang stehen drei Aufrechte aus Esslingen, inzwischen sind es mehr als 410 Mitglieder aus der gesamten Region, aber auch von nördlich der Mainlinie und aus der Schweiz: Die Verkehrsfreunde Stuttgart, ein eingetragener Verein, feiern an diesem Samstag im SSB-Veranstaltungszentrum Waldaupark ihr 70-Jahr-Jubiläum. „Wir sind eine der größten und erfolgreichsten Vereinigungen für Eisenbahnfreunde in Deutschland“, sagt der Vorsitzender Peter Hartmann.

 

Stammtisch in Esslingen

Die Wurzeln des Vereins reichen bis ins Jahr 1946 zurück, in eine Zeit, als nach dem Krieg erstmals wieder ein Schnellzug von Stuttgart nach München fuhr. Damals stellte der Esslinger Franz Spielhoff die Weichen für eine Zusammenkunft für Leute, die am Schienenverkehr und Modellbahnen interessiert waren. Dafür brauchte man in den harten und entbehrungsreichen Nachkriegsjahren nicht nur eine gehörige Portion Begeisterung, sondern auch eine Versammlungserlaubnis der amerikanischen Militärverwaltung, die Spielhoff nach einem längeren Gespräch mit einem eisenbahnbegeisterten US-Offizier auch erhielt. Aus den losen Treffen, die, so Hartmann, anfangs eher einem Stammtisch glichen, entwickelten sich schließlich die Zusammenkünfte einer Vereinigung, die sich freilich bald aufspaltete. Die Modelleisenbahner fuhren nach einem eigenen Fahrplan weiter, zurück blieb eine 14 Personen starke Gruppe, die sich für den Schienenverkehr interessierte – und sich Verkehrsfreunde Esslingen-Stuttgart nannte. Daraus wurde 1960 der gemeinnützige Verein Verkehrsfreunde Stuttgart, 1969 erfolgte der Eintrag ins Vereinsregister.

Enge Kontakte zur SSB

„Die verbindende und treibende Kraft ist bis heute die Begeisterung für den Schienenverkehr in seiner realen Vielfalt“, sagt Hartmann über den Verein, der bis heute keine eigene Modellbahnanlage und auch kein eigenes Schienenfahrzeug besitzt. Das Vereinskapital sind, wenn man so will, ein gewaltiges und historisch bedeutsames Bildarchiv, das bis in die 1960er Jahren zurückgeht und sich speist aus regelmäßigen Studien- und Sonderfahrten sowie Besichtigungen. Enge Kontakte gab es von Anfang an zur Reichsbahn und ab 1949 zur Bundesbahn, aber auch zu den SSB, zur Württembergischen Eisenbahngesellschaft und zur Hohenzollerischen Landesbahn. Auf dem Exkursionsprogramm stehen dabei nicht nur Ziele in Deutschland, sondern auch ins gelobte Bahnerland Schweiz, zuletzt sogar nach Ungarn, Rumänien, Sardinien, Süditalien und Großbritannien. „Manchmal sind wir zwei Wochen unterwegs“, sagt Hartmann – zumeist verbunden mit zahlreichen Fotohalts. „Das Fotografieren ist unser zweites Hobby“, sagt er, der sich über ein „unverändert großes Interesse“ freut.

Der Vereinsvorsitzende Hartmann wird auf dem Festakt, der am Samstag, 14. Januar , um 15 Uhr im SSB-Veranstaltungszentrum Waldaupark beginnt, auf die Geschichte der Verkehrsfreunde eingehen. Im Mittelpunkt steht aber ein Vortrag des SSB-Vorstandssprechers Wolfgang Arnold über die Perspektiven des ÖPNV in Stuttgart – ganz in der Tradition des Vereins, sich aus erster Hand zu informieren.