Der Bezirksbeirat diskutiert neue Vorschläge für die Fahrradstraße. Eine Entscheidung steht noch aus.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Die Radfahrer haben die Autofahrer in der Tübinger Straße an der Zahl bereits überholt. Dies zeigte eine Verkehrszählung des Ordnungsamtes im vergangenen Sommer. Der rechtliche Weg für die seit Langem geplante Fahrradstraße ist damit seit Juli frei. Nun ist die Ausweisung einer Straße als solche keine Maßnahme, bei der „lediglich drei Schilder umgestellt“ werden müssen, so Susanne Scherz vom Amt für öffentliche Ordnung. Deshalb wollen weitere Schritte nun wohl bedacht sein. Aus ihrer Sicht besteht nämlich nun ein „Zielkonflikt zwischen Fußgängerfreundlichkeit und Fahrradförderung“.

 

Radler und Autofahrer haben beide dann Vorfahrt

Konkret geht es nun bei den weiteren Planungen darum, ob die Tübinger Straße im Zuge der Ausweisung als Fahrradstraße künftig eine Vorfahrtsstraße werden soll. Damit hätten die Radfahrer vom Marienplatz bis zur Feinstraße Vorfahrt. Die bestehende Rechts-Links-Regelung würde damit aufgehoben. Das ist einer der beiden Vorteile, welche Scherz nannte. Der andere wäre schlicht ein höhrer Fahrkomfort für die Radler entlang der Hauptradroute eins.

Die Liste der Nachteile, welche die Verkehrsexpertin aufzählte, waren da schon länger. Die Vorfahrt gelte nämlich auch für den Kfz-Verkehr. Darin sieht Scherz insgesamt eine größere Gefährdung für die Fußgänger. So habe sich bei dem Fußverkehrscheck im vergangenen Jahr gezeigt, dass enorm viele Fußgänger in der Tübinger Straße unterwegs seien. „Und wenn ich mir ihre geplanten Projekte anschauen, wird die urbane Nutzung ja noch größer.“

Mehrheitlich einig sind sich die Bezirksbeiräte im Süden darüber, dass die Fahrradstraße in jedem Fall kommen soll. Auch, dass die Tübinger Straße von der Römer- bis zur Cottastraße zur Einbahnstraße wird. „Wir haben dazu bereits einen einstimmigen Beschluss “, erinnerte der Bezirksvorsteher Raiko Grieb (SPD) bei der aufkommenden Diskussion in dem Gremium.

Ein Jahr soll das Projekt getestet werden

Als Lösung schlug Scherz eine einjährige Testphase vor. „Der Aufwand ist dann der endgültige, aber wir beobachten zunächst die Unfallquote“, erklärte sie den Versuch. Bei schweren Unfällen werde das Projekt allerdings sofort abgebrochen. So sei es mit der Polizei abgestimmt, ergänzte Scherz. Nach einem Jahr solle es eine Auswertung geben. Insgesamt sei es ein „dickes Brett“, das man bohre, so ihre Einschätzung.

Nicht weniger kompliziert wird die geplante Änderung des bestehenden Verkehrskonzepts durch einen Antrag der WGV Versicherung, ansässig in der Tübinger Straße 55. Die Tiefgarage des Unternehmens ist bisher nur über die Hauptstätter Straße erschlossen. Wunsch ist, künftig eine Zufahrt auch über die Silberburg- und Fangelsbachstraße erreichen zu können. Bisher ist diese nur über die Hauptstätter Straße zu erreichen. Roland Petri (CDU) erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die ursprüngliche Idee einst gewesen sei, die Tübinger Straße vom Durchgangsverkehrs zu entlasten. Dies wäre damit nicht mehr gewährleistet. Ein eventuelles Zugeständnis für die Versicherung hält er deshalb für „bedenklich“, auch wenn man prinzipiell froh sei über die ansässigen Unternehmen.

Wolf-Dieter Wieland (FDP) sah das Problem insgesamt darin, dass überhaupt nicht mehr über die Fahrradstraße an sich diskutiert werde, sondern über Einbahnstraßen und Zufahrten. „Das wird alles etwas aufgebauscht“, befand er. Schließlich herrsche in verkehrstechnischer Hinsicht am Marienplatz bereits ein „Zustand der Anarchie“. „Jetzt machen wir eine große Show hier und für die Fahrradstraße kommt hinterher vielleicht nicht viel raus“, so sein Fazit.