Das Verkehrsministerium fordert kurzfristig mehr Geld. Sonst müssten Zugverbindungen gestrichen werden.

Stuttgart - Das baden-württembergische Verkehrsministerium schlägt in internen Koalitionsrunden Alarm: Wenn nicht kurzfristig mehr Geld für den Nahverkehr zur Verfügung stehe, würden nach dem Fahrplanwechsel im Dezember 2012 weniger Züge als bisher durchs Land rollen, wird von Seiten des Ministeriums argumentiert. Wie die StZ erfuhr, gehen die intern diskutierten Szenarien davon aus, dass theoretisch bis zu zwölf Prozent aller Zugverbindungen gestrichen werden müssen, um eine Deckungslücke im Etat zu schließen. Das würde zu einer massiven Verschlechterung des Angebots im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) führen. Und es widerspräche dem Koalitionsvertrag zwischen Grünen und der SPD. Darin ist vorgesehen, dass sich das Angebot auf der Schiene hinsichtlich der Zahl der Züge sowie des Platzangebots spürbar verbessern wird. Davon ist mittlerweile keine Rede mehr, es geht nur noch darum, das aktuelle Angebot aufrechtzuerhalten.

 

Die Zeit drängt: Die Bahn-Tochter DB Regio muss spätestens Mitte April wissen, ob der bisherige Fahrplan auch 2013 gilt. Bis dahin muss das Kabinett die Weichen für eine Finanzspritze zu Gunsten des Nahverkehrs stellen. Das Verkehrsministerium schlägt nun vor, die Deckungslücke dadurch zu verkleinern, dass ein Finanzierungsanteil für das Projekt Stuttgart 21 nicht wie vorgesehen aus den sogenannten Regionalisierungsmitteln genommen wird. Dieser Anteil beträgt 2012 gut 15 Millionen Euro und 2013 rund 33 Millionen Euro. Laut einer vor Jahren abgeschlossenen Vereinbarung sollen bis 2019 insgesamt 286 Millionen Euro aus dem Nahverkehrsetat in das Großprojekt fließen. Dazu sieht sich das Verkehrsministerium nicht mehr in der Lage. Weil selbst der Verzicht auf diese Vereinbarungen in den kommenden Jahren nicht ausreichen wird, um das Streichen von Zügen zu verhindern, fordert Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) mehr Geld aus dem Landeshaushalt für den Schienennahverkehr.

Die Regionalisierungsmittel stellt der Bund dem Land zur Verfügung. Mit diesem Geld werden Schienenverkehrsgesellschaften wie die DB Regio beauftragt, Züge zu betreiben. Für das Jahr 2012 fehlen dem Nahverkehr voraussichtlich 18 Millionen Euro, für das Jahr 2013 wird befürchtet, dass die Lücke sogar 60 Millionen Euro beträgt. Als Grund führt das Ministerium einen dramatischen Ausgabensprung an, der nicht vorhersehbar gewesen sei. Es geht um rund 50 Millionen Euro, die das Land in diesem Jahr mehr für den Nahverkehr bezahlen muss als 2011. Die höheren Kosten entstehen, weil die Bahn-Töchter DB Netz und DB Station&Service kurzfristig erheblich mehr Geld für die Nutzung ihrer Trassen und Bahnhöfe verlangen. Diese Preissteigerungen muss das Land seit einigen Jahren ebenso übernehmen wie Preissprünge im Bereich der Energie.