Die Bundesregierung einigt sich auf einen Kompromiss, bei dem Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am meisten nachgeben musste.

Berlin - Ein schwelender Konflikt in der Bundesregierung ist beigelegt worden: Die von Bund und Ländern verabredete Betreibergesellschaft für die Bundesautobahnen und -fernstraßen wird im ausschließlichen Bundesbesitz bleiben. Darauf haben sich die zuständigen Fachminister Wolfgang Schäuble (CDU, Finanzen), Sigmar Gabriel (SPD, Wirtschaft) und Alexander Dobrindt (CSU, Verkehr) geeinigt.

 

Der getroffene Konsens ist nicht gerade das, was man einen typischen Kompromiss nennen könnte. Bei der Verständigung gibt es mit Bundesfinanzminister Schäuble einen klaren Verlierer. Schäuble wollte die neue Gesellschaft ausdrücklich für private Minderheitseigentümer offenhalten. Damit konnte er sich aber nicht gegen Wirtschaftsminister Gabriel durchsetzen. Allerdings war auch Verkehrsminister Dobrindt skeptisch.

Grundgesetzänderung soll folgen

Die Einigung der Ressortchefs soll in einer Grundgesetzänderung festgeschrieben werden, zu der es bereits einen Formulierungsvorschlag aus dem Finanzressort gibt. Darin heißt es: „Die Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes.“ Zu den Bundesautobahnen und anderen Bundesfernstraßen heißt es ähnlich: „Das Eigentum ist unveräußerlich.“ Diese Formulierungen sind allerdings noch Gegenstand weiterer Gespräche. Im Verkehrsministerium spricht man statt von „unveräußerlichem“ Eigentum lieber vom „vollständigen“ Eigentum.

Mit der neuen Gesellschaft soll ein Widerspruch ausgeräumt werden, der immer wieder für mangelnde Effizienz bei Planung und Bau von Fernstraßen verantwortlich gemacht worden ist: Zwar sind die Autobahnen mit ihrer Gesamtlänge von 13 000 Kilometern Eigentum des Bundes. Für Bau, Planung und Verwaltung sind allerdings die Länder zuständig. Dieser Dualismus soll nun aufgehoben werden. Die Verantwortlichen erhoffen sich dadurch mehr Transparenz und Kostenvorteile.

Unionsfraktion zeigt sich zufrieden

Erstaunlich bei der gefundenen Einigung ist, dass die Unionsfraktion ziemlich zufrieden ist, obwohl sich „ihr“ Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht durchsetzen konnte. Vor allem ihre Fachpolitiker waren in der Sache viel näher bei Wirtschaftsminister Gabriel als bei Schäuble. Entsprechend fallen dort die Reaktionen aus. Verkehrsexperte Steffen Bilger (Ludwigsburg) sagte dieser Zeitung: „Die Unionsfraktion wollte die Beteiligung Privater an der Gesellschaft nie. Wir sehen die gefundene Lösung positiv.“ Auch Ulrich Lange (CSU), der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, freut sich: „Wir haben uns immer für eine Gesellschaft stark gemacht, die zu hundert Prozent in Bundeshand bleibt.“ Tatsächlich entspricht die getroffene Regelung einem Arbeitspapier, das die Verkehrspolitiker der Union schon im Januar dieses Jahres vorgelegt hatten. Steffen Bilger betonte, „dass es uns wichtig ist, den Bau von Autobahnen für private Investoren zu öffnen“. Es sei auch vorstellbar, diese „an den Einnahmen zu beteiligen – aber ohne, dass sie Miteigentümer der Gesellschaft sind“.

Dem Finanzministerium war unterstellt worden, über die Möglichkeit einer Beteiligung an der Gesellschaft langfristigen Investoren wie Versicherungen in Zeiten der Niedrigzinspolitik eine neue Anlagemöglichkeit verschaffen zu wollen.