Bisher gibt es keine feste Promillegrenze für Radfahrer. Wenn es nach dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat geht, soll sich das ändern.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Das hohe Unfallrisiko wird unterschätzt. Die Radfahrer gefährden nicht nur sich selbst, sondern stellen auch eine Gefahr für andere dar.“ Das sagt der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) Walter Eichendorf und stellt damit klar, dass es keine lässliche Sünde sei, wenn jemand nach ein paar Bier noch aufs Fahrrad steige. Das ist momentan allerdings theoretisch noch erlaubt. Bisher hat der Gesetzgeber nämlich keine feste Promillegrenze für Pedalritter gezogen. Einzig über die Rechtsprechung gilt ab 1,6 Promille Alkoholkonzentration im Blut die absolute Fahruntauglichkeit. Wer damit erwischt wird, dem drohen eine Geldstrafe, Punkte und der Entzug des Autoführerscheins.

 

Wer weniger getrunken hat, bleibt unbehelligt, so lange er nicht negativ auffällt oder andere gefährdet. Für die Experten des Deutschen Verkehrssicherheitsrates ist dies ebenso wie für die Deutsche Verkehrswacht ein unhaltbarer Zustand. „Alkohol und eine Teilnahme am Straßenverkehr passen nicht zusammen“, sagt der DVR-Sprecher Sven Rademacher. Deshalb fordert der DVR, dem mehr als 200 Organisationen – Ministerien, Autoclubs oder Hersteller – angehören, den Gesetzgeber zum Handeln auf: Es solle künftig als Ordnungswidrigkeit gelten, wenn ein Radler 1,1 Promille Alkohol im Blut hat. Die Konsequenz müsse dann mindestens ein Bußgeld sein, erklärt Rademacher.

Ab 1,1 Promille nehmen grobe Fahrfehler bei Radlern zu

Auch dieser Wert ist noch relativ hoch. Schließlich gilt für Autofahrer schon die 0,5-Promillegrenze. Außerdem können sie bereits ab 0,3 Promille eine Straftat begehen, wenn sie unsicher fahren oder einen Unfall verursachen. „Mit den 1,1 Promille orientieren wir uns an dem, was politisch durchsetzbar erscheint“, sagt Rademacher. Auch stützten jüngste Untersuchungen der Unfallforscher der Versicherer und der Düsseldorfer Rechtsmedizin die genannte Grenze. Demnach nehmen ab 1,1 Promille die groben Fahrfehler der Radler im Durchschnitt deutlich zu. Das zeigte sich, als man Probanten auf einen Testparcour schickte.

Laut dem DVR blicken Radler zum Teil zudem erstaunlich tief ins Glas. 84 Prozent der Radfahrer, die alkoholisiert an Verkehrsunfällen mit Personenschaden beteiligt waren, kamen auf Werte von 1,1 bis 3,0 Promille. Ohnehin ist das Problem insgesamt nicht zu unterschätzen. Im Jahr 2012 etwa waren mehr als 3700 betrunkene Fahrradfahrer an Verkehrsunfällen mit Personenschaden beteiligt. Nicht zuletzt deshalb wird sich der Verkehrsgerichtstag in Goslar in der kommenden Woche mit dem Thema beschäftigen. Allerdings werden sich dort nicht nur Befürworter der neuen Grenze zu Wort melden. Der Deutsche Anwaltverein etwa sieht keinen Bedarf für weitere Regelung.