Eine Präventionsidee aus Belgien gegen alkoholisierte Jugendliche im Straßenverkehr macht im Landkreis Neu-Ulm Schule.  

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Neu-Ulm - Programme gegen Alkoholkonsum im Straßenverkehr gibt es viele. Nicht wenige scheitern, weil es am Elan fehlt, am Geld oder an der Begeisterung. Reinhold Kwiedor, der Kreisjugendpfleger aus dem bayerischen Neu-Ulm, weiß das nur zu gut. "Man macht ein Riesending. Und nach drei Wochen will das keiner mehr hören."

 

Im vergangenen Mai hat er trotzdem wieder ein Riesending probiert, ein Projekt mit dem Kürzel "BOB", und diesmal scheint etwas zu greifen im grenznahen Landkreis östlich der Donau. Das Prinzip der Aktion: junge Leute, die am Abend mit dem Auto unterwegs sind und deshalb keinen Alkohol trinken wollen, geben sich bei Gastwirten als Aktionsteilnehmer zu erkennen. Das geschieht mittels eines gelben Schaumstoff-Schlüsselanhängers mit den BOB-Buchstaben.

Der Gastwirt spendiert daraufhin das erste antialkoholische Getränk auf Kosten des Hauses. Für teilnehmende Wirte rechnet sich das, so die Hoffnung. Denn wenn aus einer Gruppe von Gästen eine Person die Verantwortung für das sichere Nachhausekommen aller übernimmt, kann das den Umsatz sogar ankurbeln. Zugleich zeigen die Wirte, dass sie den Jugendschutz ernst nehmen.

BOB-Netzwerk in 18 europäischen Ländern

Die Präventionsaktion schob Jugendamtsmitarbeiter Kwiedor mit viel eigenem Engagement an. "Die Hälfte der Gaststätten habe ich persönlich geworben", erzählt er. Bis August waren acht Kneipen und Bars im Landkreis dabei. "Wir hatten es zuerst auf Gaststätten abgesehen, die für junge Leute unter 30 Jahre attraktiv sind", erzählt Kwiedor. Schließlich seien Fahranfänger zwischen 18 und 24 Jahren überdurchschnittlich häufig an schweren Verkehrsunfällen beteiligt, bei Unfällen unter Alkoholeinfluss liege ihr Anteil sogar bei gut 30 Prozent.

Aber im weiteren Lauf des Jahres meldeten sich auch die Inhaber und Wirte gutbürgerlicher Familienlokale. Mittlerweile sind schon 20 Gaststätten Teilnehmer der BOB-Aktion. Allen hat Kwiedor einen informellen Besuch abgestattet. "Das ist immer auch die Chance, das Jugendschutzgesetz nachhaltig zu thematisieren", sagt er.

Wofür das Kürzel BOB steht, ist nicht ganz klar, es handle sich um einen "Fantasienamen, der leicht eingängig ist", so Kwiedor. Ursprünglich kommt die Präventionsidee aus Belgien. Rund 90 Prozent der Belgier kennen laut Umfragen den Begriff, 80 Prozent wissen auch um dessen Bedeutung. 17 weitere europäische Länder haben die Idee übernommen, auch einige deutsche Bundesländer. Dem deutschen BOB-Netzwerk gehören derzeit neben Bayern auch Hessen, Thüringen, das Saarland und Rheinland-Pfalz an.

Fahrschulen sollen in das BOB-Projekt involviert werden

Nicht nur die teilnehmenden Gastwirte im Kreis Neu-Ulm geben die knallgelben Schlüsselanhänger an interessierte Stammgäste ab. Auch die Führerscheinstelle im Landratsamt verteilt sie. Im neuen Jahr will Jugendschützer Kwiedor auch die Fahrschulen im Landkreis ins Boot holen. Schon während des Fahrunterrichts sollen 18-Jährige erfahren, dass sie ein Wasser, eine Cola oder Saft kostenlos bekommen können, wenn sie abends ausgehen und alkoholfrei bleiben.

"Ich möchte das Thema warm halten", sagt Kwiedor. Auch den Wirten will er die Beteiligung noch schmackhafter machen. Sponsoren sollen von 2012 an für möglichst viele Freigetränke im Abend- und Nachtbetrieb aufkommen.