Die Stuttgarter SPD ist für ein generelles Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde vor Schulen. Obwohl andere Städte ihre Regelungen ausweiten, setzt die Stadt Stuttgart allerdings auf andere Methoden.

Stuttgart - Ein Urteil aus dem fränkischen Ansbach könnte die bisher ablehnende Haltung der Stadt in Sachen Tempo-30-Zonen vor Schulen ins Wanken bringen. Darauf hofft die SPD-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat. Sie fordert in einem Antrag die Verwaltung auf, zu prüfen, ob ein generelles Tempolimit auch auf sogenannten Vorbehaltsstraßen vor allen Stuttgarter Schulen angeordnet werden kann.

 

Die Sozialdemokraten berufen sich dabei auf den Spruch der Ansbacher Verwaltungsrichter. Hintergrund: der Gemeinderat der Stadt Nürnberg hatte 2011 die Einführung eines generellen Tempolimits vor allen städtischen Schulen beschlossen. Ein Autofahrer, der auf einer Vorbehaltsstraße vor einer Schule geblitzt worden war, wollte daraufhin sein Grundrecht auf Tempo 50 durchsetzen – und scheiterte damit. Die Richter befanden, dass es vor Schulen zwangsläufig immer wieder zu gefährlichen Verkehrssituationen komme, weil sich Kinder unvorsichtiger verhalten als Erwachsene. Deshalb sei es grundsätzlich möglich, dort die Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde zu begrenzen, dies liege im Ermessen der Stadtverwaltung.

Eine Abfuhr für die SPD

Das sieht auch die SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind so. Ihre Partei hatte sich 2008 bei der Verwaltung mit der Forderung, vor gewissen Schulen an Vorbehaltsstraßen wenigstens tagsüber ein Tempolimit von 30 anzuordnen, eine Abfuhr eingehandelt. „Man hat seitens des Amts für Öffentliche Ordnung damals argumentiert, dass es keine Verwaltungsvorschrift des Landes dafür gibt und dass man daher nur bei konkreter Gefährdung – also etwa einer gewissen Unfallhäufigkeit – etwas unternehmen könne“, erinnert sich Blind.

Tatsächlich existiert in Baden-Württemberg – anders als etwa in Nordrhein-Westfalen – kein Landeserlass, der es erlaubt, die auf Vorbehaltsstraßen geltende Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 Kilometern pro Stunde in bestimmten Abschnitten zu reduzieren. In Nordrhein-Westfalen handhaben Städte wie zum Beispiel Oberhausen im Ruhrgebiet das Tempolimit relativ strikt: Dort darf tagsüber vor Grundschulen, Kindertagesstätten und sogar im Bereich von Spiel- und Bolzplätzen nur Tempo 30 gefahren werden. Und auch die Hauptstadt Berlin hat ein generelles Tempolimit im Bereich von Schulen und Kitas eingeführt. In Bayern hingegen existiert ein solcher Landeserlass ebenfalls nicht. Die Ansbacher Verwaltungsrichter haben sich bei ihrem Urteil daran nicht gestört. Dabei hatte die Bezirksregierung Mittelfranken die Stadt Nürnberg angewiesen, bereits aufgestellte Tempo-30-Schilder wieder zu entfernen. Nach dem Richterspruch plant die Stadt nun, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf weitere Schulen auszudehnen.

25 Schulen liegen an Vorbehaltstraßen.

Doch die Verkehrsbehörde beim Amt für öffentliche Ordnung verspürt wenig Neigung, dem Nürnberger Beispiel zu folgen. „Nach dem Gießkannenprinzip Tempo-30-Zonen in der Stadt auszuweisen halte ich nicht für den richtigen Ansatz“, sagt Bernd Eichenauer, der fürs Verkehrsmanagement zuständige Dienststellenleiter. Die Landeshauptstadt verfolge stattdessen eine andere Strategie. „Wir sind mit vielen Schulen im Gespräch, um etwa bauliche Verbesserungen oder die Veränderung der Schuleingänge zu erörtern“, betont Eichenauer. Nach seinen Angaben liegen in Stuttgart etwa 25 Schulen – von der Grundschule bis zum Gymnasium – an Vorbehaltstraßen.

Der Verkehrsexperte räumt allerdings ein, dass „uns die Straßenverkehrsordnung da ein bisschen im Nacken sitzt“. Und die sehe eben vor, dass Schilder nur dort aufgestellt werden sollen, wo es unbedingt nötig sei. Hinzu kommt, dass es in der Landeshauptstadt auch keine ausgewiesenen Unfallschwerpunkte im Bereich von Schulen gebe. Das bestätigt auch die Stuttgarter Polizei gegenüber der StZ.

Schadstoffe, Lärm, erboste Nachbarn

Gleichwohl sieht Eichenauer im Umfeld von Schulen „ein großes Potenzial für bauliche Optimierungen.“ Dabei denke er etwa an abschnittsweise Fahrbahnverengungen. Dafür müsse dann der Gemeinderat gegebenenfalls bei den kommenden Haushaltsberatungen Geld bereitstellen. Dagegen hält er Fahrbahnschwellen nach französischem Vorbild für kein geeignetes Mittel zur Temporeduzierung: „Das Abbremsen und wieder Anfahren produziert Schadstoffe, macht Lärm und bringt die Anwohner auf.“ Überall dort, wo man dies probiert habe, seien sofort Bürgerinitiativen entstanden, die sich zur Wehr setzten.