Der Reichtum in Deutschland ist ungleich verteilt. Das spiegeln aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes wider. Überraschender Befund: Beamte im Ruhestand verfügen im Schnitt über das höchste Nettovermögen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Deutschland gilt als reiches Land. Der Reichtum ist aber sehr ungleich verteilt. Das spiegeln aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes wider. Überraschender Befund: Beamte im Ruhestand verfügen im Schnitt über das höchste Nettovermögen. Sie sind sogar wohlhabender als Unternehmer.

 

Wie ist das Vermögen verteilt?

Die amtliche Statistik beruht auf der so genannten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Das ist eine Umfrage, die alle fünf Jahre erhoben wird. Zuletzt hatten sich knapp 55 000 Haushalte beteiligt. In der Vermögensbilanz werden Ersparnisse, aber auch Versicherungsguthaben, Immobilien- und Wertpapierbesitz mit Schulden verrechnet. Eine der Vergleichsgrößen, die daraus resultiert, ist das Nettogesamtvermögen. Dieses beträgt im Durchschnitt pro Haushalt 123 500 Euro. Das Vermögen der Angestellten liegt in etwa auf diesem Niveau. Am wohlhabendsten sind Pensionäre. Deren Nettovermögen (knapp 300 000 Euro) ist mehr als doppelt so hoch wie das eines durchschnittlichen Rentners (127 000 Euro). Auch Selbstständige (257 500 Euro) können da nicht mithalten. Arbeiter haben im Schnitt 82 300 Euro auf der hohen Kante, Arbeitslose 18 200 Euro. Interessant ist, dass sich die so genannten Medianwerte erheblich von den Durchschnittsbeträgen unterscheiden. Sie werden durch besonders hohe Vermögen verzerrt. Der Median benennt einen Vermögenswert, bei dem die Hälfte der Haushalte weniger und die ander Hälfte mehr besitzt. Der Median für das Nettogesamtvermögen liegt bei 45 400 Euro.

Wie rasch wächst das Vermögen?

Wegen der Finanzkrise und niedriger Zinsen sind die Vermögenswerte in den vergangenen fünf Jahren kaum gestiegen. Ein durchschnittlicher deutscher Haushalt verfügte 2008 über 117 600 Euro. 2013 waren es 6000 Euro mehr. Der Wertzuwachs um nominell fünf Prozent wurde durch die Preissteigerung aufgefressen. Die Inflationsraten der Jahre 2008 bis 2013 summieren sich auf fast zehn Prozent. Nur die Pensionäre verbuchten mit 22 Prozent einen üppigen Zuwachs. Das Vermögen eines durchschnittlichen Arbeitslosen ist in der Zeit um fast die Hälfte geschrumpft.

Warum werden Pensionäre schneller reich?

2003 waren die Unterschiede beim Nettogeldvermögen noch nicht so deutlich ausgeprägt. Ruhestandsbeamte hatten damals im Schnitt 67 300 Euro angespart, Rentner 38 700 und Selbstständige 90 200. Fünf Jahre danach hatten die Pensionäre (94 700) die Selbstständigen (95 200) schon fast eingeholt. Die Schere öffnete sich weiter, vor allem, wenn man auch Immobilienvermögen berücksichtigt. Beamte im Ruhestand besitzen relativ häufig Immobilien. Sie konnten damit von den rasant steigenden Preisen auf diesem Markt profitieren. 2008 belief sich der Verkehrswert des Immobilienbesitzes eines durchschnittlichen Pensionärshaushalts auf 166 100 Euro. Binnen fünf Jahren ist dieser Wert um ein gutes Drittel gewachsen. Nur die Unternehmer können da mithalten. Ihr Immobilienbesitz stagnierte allerdings.

Reicher Westen, armer Osten?

Es gibt noch immer beträchtliche Unterschiede zwischen den alten und neuen Ländern. Die Schere schließt sich aber, wenn auch langsam. Das zeigt ein Vergleich des Nettogeldvermögens. 1998 lag es im Osten bei umgerechnet 19 300 Euro je Haushalt, im Westen bei mehr als 40 000 Euro. Inzwischen haben ostdeutsche Haushalte 28 600 Euro auf der hohen Kante. Im Westen sind es 48 800 Euro. Auch der Immobilienbesitz ist ungleich verteilt. Im Osten liegt er durchschnittlich bei knapp 45 000 Euro (vor fünf Jahren: 41 000), im Westen bei 120 000 Euro (109 000).

Sind Kinder ein Armutsrisiko?

So eindeutig lässt sich das anhand der Vermögensstatistik nicht sagen. Singles ohne Kinder (Nettogesamtvermögen im Schnitt: 67 100 Euro) sind besser gestellt als Alleinerziehende (36 000), Paare ohne Kinder (174 200) verfügen über ein höheres Vermögen als Elternpaare (136 800). Zur wohlhabendsten sozialen Gruppe zählen allerdings Familien mit erwachsenen Kindern, die noch zuhause leben, und Wohngemeinschaften. Ihr durchschnittliches Nettovermögen liegt bei 188 400 Euro. Paare mit unmündigen Kindern sind auch höher verschuldet (71 100 Euro) als Paare ohne Kinder (25 000) oder Singles (9600).