Gleich drei sehr unterschiedliche Ausstellungen werden am Sonntag in der Göppinger Kunsthalle eröffnet, Daniel Beerstecher, Kilian Strauss und Louis M. Eilshemius. Sie alle verbindet jedoch das prozesshafte der Kunst.

Göppingen - Zwei Männer segeln in einem Boot in Argentinien von Patagonien Richtung Buenos Aires. Langsam taucht erst das Segel und dann das ganze Boot am Horizont auf. Die schneebedeckten Berge liefern einen grandiosen Hintergrund. Die hitzeflimmernde Straße vermittelt karge Trockenheit. Ab und an überholt ungerührt ein Auto das stet dahinrollende Boot.

 

Das ist das Schlussbild eines komplexen Kunstprozesses. Daniel Beerstechers beeindruckende Videosequenz seines Projekts „Land-Sailor“ wird unter anderem ab Sonntag in Göppingen gezeigt. Ein Projekt, das die Kunsthalle und deren Leiter Werner Meyer mit seinen Kontakten seit Jahren begleitet hat. Nun parkt das Landsegelboot vor der Kunsthalle.

Ein Wanderer für die Kunst

Daniel Beerstecher ist ein Künstler, der sich wie ein Zimmermannsgeselle auf die Walz begab, sich ein Jahr lang den deutschsprachigen Raum erwanderte und bei allen möglichen Künstlern aushalf. Im Gepäck hatte er Jack Kerouacs „Unterwegs“ oder Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Seither spielt er geschickt die kollektive Erinnerung an die Romantik, erwandert sich seine Motive und verknüpft diese ganzheitlich und kontrastreich mit seiner Botschaft. Heute lebt er in Rio de Janeiro.

Eines seiner Projekte verfolgt Beerstecher in einem Video, wie er seinen Vogel im Käfig von der Stadtmitte Buenos Aires’ 90 Kilometer weit durch Geschäfts- und Wohnviertel, vorbei am Industriegürtel und endlich den Dschungel bis ans Meer trägt. Den Weg, dem die Standkamera sehenswerte Motive abringt, musste der Vogel im Käfig zurücklegen. Von wegen vogelfrei. Allein würde der domestizierte Freund nicht die Freiheit suchen.

Die Ästhetik des Feuerlöschers

Doch Beerstechers Werkschau ist nur eine von drei Ausstellungen, die am Sonntag in der Göppinger Kunsthalle eröffnet werden und die unterschiedlicher kaum sein könnten. Allerdings verbindet sie doch das prozesshafte der Kunst. In der oberen Halle strotzt es vor angewandter Kunst. Designobjekte von Kilian Strauss sind dort zu sehen. Der Kontrast zu Beerstechers Naturnähe ist erheblich. Strauss lässt die Ästhetik von Feuerlöschern sprechen, setzt U-Bahn-Beleuchtung in Szene oder veredelt formvollendet die Mechanik von Bürostühlen. Neben realen Objekten dominieren vor allem Fotografien von Studien die Halle. Sie sind ein Statement des Grafikdesigners.

Amerikanische Kunst vor der Popart wiederentdeckt

Für das Kabinett C 1 der Kunsthalle hat schließlich Katharina Neuberger den amerikanischen Maler Louis M. Eilshemius (1864–1941) wiederentdeckt, der von der Kunstgeschichte bislang weitgehend unbeachtet geblieben ist. Die Ausstellung „Das Pamphlet“ schlägt einen ungewöhnlichen Weg ein um sich dem Werk Eilshemius’ anzunähern. Gezeigt wird kein Gemälde, sondern ein 1932 publiziertes Pamphlet des Malers,in dem er die performativen Ansätze der Kunst vorwegnimmt.