Er gilt als einer der Mitbegründer der Pop-Art: James Francis Gill hat seine Werke in der Mercedes-Benz-Arena gezeigt. Und verrückte Geschichten erzählt, etwa über Andy Warhol.

Stuttgart - Selbst im tiefen Osten trägt er Cowboyhut. So hat der Texaner James Francis Gill in Untertürkheim seine Gäste begrüßt – an zwei Vernissage-Abenden im Business-Center der Mercedes-Benz-Arena. Gill (sprich G-ill) ist nicht irgendein US-Künstler. Man kann den 83-Jährigen als lebende Legende der neueren Kunstgeschichte bezeichnen. Seine Bilder und Drucke huldigen bis heute der Pop-Art. Die erste Einzelausstellung hatte er Anfang der 60er, zeitgleich mit einem ebenso wenig bekannten Künstler, Andy Warhol.

 

Was dann passiert ist, nannte Gill mehr als 50 Jahre später inmitten seiner aktuellen Arbeiten immer noch „crazy“ – verrückt. Warhols Blätter, die „Soupcans“ etwa, waren zunächst ein paar hundert Dollar wert, gingen bald durch die Decke, ihr Schöpfer wurde zur Ikone der Pop-Art. „He left us all in the dust“, sagte Gill und grinste. Er hat uns im Staub zurückgelassen.

Dabei sah das zunächst anders aus. Und das hat zu tun mit Marylin Monroe. Die Geschichte erzählte er gerne, wie viele andere auch. Also: Eine Woche nach Marilyns Tod erschienen im Time Magazine Fotos der Schauspielerin – sie haben ihn zu den Porträts animiert. „Ich habe sie ganz besonders geliebt“, sagt Gill. Er habe sie zwar nie kennen gelernt, aber fast alle ihre Filme gesehen. Seine Bildnisse hätten dem Kollegen offenbar gefallen, erinnerte sich Gill. Was sagte Warhol? „I really like your Marilyns.“

Merkwürdige Sportart namens Fußball

Das ging wohl auch den Vernissage-Gästen so. Denn neben etlichen der grellbunten Porträts – Unikate wie Serigrafien – klebten schnell rote Punkte. Seine Kunst erstmals in einem Stadion zu zeigen sei schon „irgendwie aufregend“, meinte Gill. Gerne hätte er auch ein Spiel gesehen in dieser merkwürdigen Sportart namens Fußball, so der US-Amerikaner.

Stattdessen redete er über seine Kunst und über die wilden 60er und beeindruckte nicht nur seinen Laudator Roland Baisch. „Eine beeindruckende Persönlichkeit“ schwärmte der Comedian. Als kleiner Junge sei für ihn die USA das gelobte Land gewesen, er habe alles gelesen von Tom Sawyer bis Henry Miller. „Die Amerikaner haben die Farbe in die Welt gebracht als wir Deutschen die Auswirkungen des Krieges noch deutlich gespürt haben.“ Jetzt regierten in den USA „hässliche reiche Männer“ – Gills Bilder repräsentierten dagegen „das Amerika, das wir lieben.“ Zum Dank trug Baisch extra seine Cowboystiefel.

Die Pop-Art ins Stadion gebracht hat der Balinger Galerist Walter Meinlschmidt. Das Business-Center funktionierte mit den weißen Stellwänden und den Stehtischen in der Mitte erstaunlich gut – wobei sich Gills Arbeiten ohnehin selbstbewusst präsentierten. Meinlschmidt ist über Umwege zur Kunst gekommen, eigentlich richtet er für seine Kunden größere Objekte ein und hat eine Möbelausstellung in Balingen – mit vielen leeren Wänden. Statt für Kunstdrucke entschied er sich für die Originale, 2011 gründete Meinlschmidt seine Galerie. Künftig will er häufiger in Stuttgart ausstellen. Man darf gespannt sein.

Die Ausstellung „The World Goes Pop“ ist inzwischen nach Böblingen umgezogen, in Meinlschmidts Zweigstelle in der Konrad-Zuse-Straße 12. Bis zum 30. November sind Marilyn aber auch die Beatles oder John Wayne von 7.30 bis 12.30 und 13 bis 17 Uhr zu sehen. Gill ist leider wieder in der Heimat. „Ich muss arbeiten.“