Er streift am liebsten nachts durch die Straßen und klebt seine Sprüche-Poster überallhin. Fred Collants Werke sind zur Zeit nun auch in Michas Lädle an der Weißenburgstraße zu sehen.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

S-Süd - Das Kleben ist schön, zumindest wenn es nach Fred Collant geht. Er genießt das Leben, indem er sich Zeit für die Kunst des Klebens nimmt und – bevorzugt nachts – durch die City zieht, um Stuttgart ein bisschen bunter zu machen. Seine von Hand geschriebenen Sprüche säumen mittlerweile Schilder und Stromkästen, aber auch die Schaufenster von Michas Lädle, dem Kult-Kiosk im Heusteigviertel.

 

Bunte Plakate gegen den stressigen Großstadt-Alltag

Rund 15 Stunden investiert Fred nach eigenen Angaben pro Woche in die Plakate. Die meisten Sprüche überlegt er sich selbst und schreibt dann Sätze wie „Man lebt nur einmal, warum dann nicht machen, was man wirklich will?“ mit Stiften, meist blau und rot, auf dünnes Papier. „Meine Plakate sollen stutzig machen. Sie sind ein visueller Stolperstein im stressigen Großstadt-Alltag“, erklärt der Künstler, der am liebsten anonym bleiben will. „Ich freue mich, wenn Menschen innehalten und sich einen Moment Zeit nehmen, meine Botschaften zu entschlüsseln.“ So wolle er das Stadtleben ein wenig entschleunigen.

Und warum musste es unbedingt Straßen-Kunst sein? „Städte sind mir viel zu grau und eintönig“, sagt Fred. Deshalb sei er ein großer Street-Art-Fan. „Mich hat schon immer fasziniert, dass da draußen Künstler sind, die Stuttgart auf eigene Faust bunter machen. Und in diesem Spirit will ich meine Kunst machen.“

Auch Michael Schmidt, Inhaber von Michas Lädle in der Weißenburgstraße 8, ist Fan von Street-Art. Einige Künstler durften schon seine Schaufenster umgestalten und bunter machen. „Ich mag schöne Sachen, schaue mir gerne Kunst an.“ Sein Nachbar sei Künstler und habe ihn auf die Idee gebracht, sein Lädle a bissle aufzupeppen. „So ist der Laden im Gespräch und die Kunden haben was zu Gucken.“ Doch es geht um mehr: „Kunst zu zeigen und an die Leute heranzutragen, die nicht so einen Zugang dazu haben, ist das eine. Aber ich will versuchen, Künstler zu aktivieren, bei denen ich weiß, die haben was drauf, indem ich sie motiviere: Kommt, zeigt, macht.“

Bis Ende April soll Michas Laden komplett zugepflastert sein

Seit sieben Jahren betreibt Schmidt bereits seinen Kiosk in der Weißenburgstraße. Kein Wunder spricht auch Fred von einer Institution im Lehenviertel. Über die Kunst im Schaufenster sei man ins Gespräch gekommen. „Er kannte meine Plakate und mochte meinen Stil sowie meinen Ansatz. Das gemeinsame Schaufenster war der nächste logische Schritt“, so Collant.

Das Konzept dahinter: „Wir fangen mit ein, zwei Postern an und steigern das bis der Laden komplett zugepflastert ist.“ Das soll bis Ende April weitergehen „und dann machen wir eine schöne Abschlussveranstaltung“, so Michael Schmidt.

Fred Collant freut das. So landen die verschachtelten Sprüche, die ihm oft spontan beim Malen kommen, nun geballt an einem Ort im Städtle, um eines zu verursachen: die Menschen aus ihrem Alltagstrott zu reißen. „Oft sind wir so verkopft, dass wir nicht wahrnehmen, wie sehr uns Routine und Verpflichtungen im Griff haben“, sagt Collant. Manchmal reiche ein kleiner Moment, um das Wesentliche wieder in den Blick zu bekommen. In diesem Sinne sind meine Plakate als Einladung zu verstehen.“

Seine Plakate werden den Klebe-Künstler, auch aus dieser Motivation heraus, noch eine Weile begleiten. Aber es seien auch schon die nächsten Projekte in der Pipeline. „Grundsätzlich möchte ich mich an neuen Materialien versuchen. Als passionierter Bastler arbeite ich gerne mit Holz.“ Das „Metall des kleinen Mannes sei vielfältig einsetzbar und lasse sich gut bearbeiten. Da habe ich schon ein paar Ideen in Planung.“ Auch eine zweite Ausstellung sei geplant. „Leider kann ich den genauen Ort noch nicht bekannt geben, aber es wird wieder eine kultige Location sein.“