Die Ergebnisse eines künstlerischen Sozialprojekts sind im Bohnenviertel zu besichtigen. Die Bilder, die an den Wänden hängen, sind unter kirchlicher Obhut entstanden. Das Projekt besteht seit elf Jahren.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Gewiss wäre über diese These in anderen Kreisen Kunstinteressierter trefflich diskutiert worden – wenn nicht heftig gestritten: Nur wer Gott schaut oder zumindest seinen Odem im Nacken spürt, erreicht die Gabe, Kunst zu schaffen, die die eigene Seele und die des Betrachters berührt.

 

Ein Ort der Zuflucht

In diesem Kreis und an diesem Ort einer Vernissage wird sie in den Festansprachen mehrfach wiederholt. Denn der Ort ist das Bischof-Moser-Haus im Bohnenviertel, eine Begegnungsstätte der Caritas, vorwiegend gedacht für Senioren. Zudem sind die Bilder, die an den Wänden hängen, samt einiger Skulpturen, die vor ihnen stehen, unter kirchlicher Obhut entstanden, in einem Projekt namens Amos. Träger sind neben der Caritas die Kirchengemeinden St. Maria und St. Fidelis.

Zum Sinn des Projekts passt die Einstimmung – und nebenbei zur aktuellen weltpolitischen Lage. Die Kantorin Barbara Straub singt den jüdischen Friedensgruß Schalom, hernach einen arabischen vom Wunsch nach Frieden im Herzen. Den suchen auch diejenigen, die geschaffen haben, was zur Schau gestellt wird. Wer sich einsam fühlt oder von der Gesellschaft ausgestoßen oder wer es tatsächlich ist, der ist ins projekteigene Atelier oder in die Holzwerkstatt eingeladen, um dort Kunst zu schaffen, einerseits, zu reden andererseits, sei es über Schaffenskraft, sei es über Alltagskrisen. „Amos ist ein Ort der Zuflucht für Menschen, die ihre Sorgen und Ängste vergessen wollen.“ So formuliert es der Leiter, Andrzej Estko. „Wer auf hohem Niveau Kunst machen will, muss sich von seinen Sorgen befreien“, sagt er.

Die Hälfte der Einnahmen fließt zurück ins Projekt

Was nicht heißt, dass Beladenen ihre Last von Schultern und Seele gehievt werden muss, bevor sie letztlich den Pinsel in eine Farbe der Palette tupfen. Eher im Gegenteil, meint Peter Schmid. Er ist gelernter Sozialarbeiter und arbeitet bei Amos seit elf Jahren ehrenamtlich, seit Bestehen des Projekts. „Im Beruf haben wir Programme gemacht, die am Ende doch nicht interessiert haben“, sagt er. „Hier machen die Leute das Programm und es funktioniert.“ Zweimal wöchentlich kommen diejenigen zusammen, die sich mit Kunst beschäftigen und Kunst schaffen wollen.

Was auf diese Art entsteht, ist zwar nicht durchweg, aber doch zum großen Teil bemerkenswert. Die stilistische Bandbreite umfasst so ziemlich alles, was zwischen der Holzbildhauerei und der Collage siedelt. Der Projektleiter selbst, Estko, ergänzt Fotografien. Thematisch ist die Bandbreite so bunt wie des Malers Farbpalette. Geradezu selbstverständlich ist, dass realistischen Landschaftsmalereien und Stadtansichten an den Wänden hängen, dies allerdings neben Abstraktem, religiösen Motiven und sogar künstlerischer Gesellschaftssatire. Die Preisschilder an den Werken reichen von unverkäuflich bis zu selbstbewussten 750 Euro.

Ein Käufer hilft nicht nur dem Künstler, sondern auch dem künstlerisch-christlichen Anliegen. Die Hälfte der Verkaufseinnahmen fließt zurück ins Projekt. Von den Einnahmen – zuzüglich Spenden – werden die Kosten nahezu gedeckt.