Die Mitglieder des Jägervereins Hubertus haben Millionen Bleikugeln auf ihrer Schießanlage in Ludwigsburg abgefeuert, der Boden musste für 2,1 Millionen Euro saniert werden. Seit Mittwoch beschäftigt sich das Verwaltungsgericht mit dem Debakel.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Vor der 3. Kammer des Stuttgarter Verwaltungsgerichts hat am Mittwoch die juristische Aufarbeitung des Finanzdesasters um die Sanierung der mit Blei verseuchten Schießanlage in Ludwigsburg-Neckarweihingen begonnen. In der Verhandlung muss geklärt werden, inwieweit der Ludwigsburger Kreisjägerverein Hubertus, dessen Mitglieder auf dem Areal jahrzehntelang Bleimunition verschossen haben, für die 2,1 Millionen Euro teure Dekontamination zur Rechenschaft gezogen werden kann. Kläger ist der Insolvenzverwalter des Vereins, der unter anderem den Umfang und die Kosten der bereits abgeschlossenen Sanierung nicht akzeptiert. Beklagt ist das Land Baden-Württemberg, das die Sanierung angeordnet und bezahlt hat – und nun möglichst viel Geld aus der Insolvenzmasse des Vereins will.

 

Das Urteil soll bereits an diesem Donnerstag verkündet werden, obwohl die Verhandlung erneut deutlich machte, wie verhärtet die Fronten sind. Die 19 000 Quadratmeter große Anlage gehört teils dem Neckarweihinger Schützenverein und teils den Jägern. Millionen Schrotkugeln haben Mitglieder beider Clubs dort auf Tontauben und andere Ziele abgefeuert, was zu einer erheblichen Schadstoffbelastung im Boden führte, auch große landwirtschaftliche Flächen außerhalb der Anlage waren verseucht. Aus Sorge um das Grundwasser ließ das Land die Erde im vergangenen abtragen – für 2,1 Millionen Euro. Die Schützen haben akzeptiert, dass sie – theoretisch zumindest – einen Teil davon übernehmen müssten. Doch der Verein verfügt über kein Vermögen. Die Jäger besitzen immerhin 140 000 Euro, hätten damit ihren Anteil an der Sanierung aber nicht annähernd stemmen können – und meldeten daher Insolvenz an.

Nicht nur Jäger, auch Polizisten haben die Anlage genutzt

Im Kern argumentierte der Anwalt der Klägerseite am Donnerstag, dass der Schießbetrieb mit Bleischrot in Neckarweihingen einst vom Landratsamt genehmigt worden sei. Folglich könnten die Vereine nicht allein dafür verantwortlich gemacht werden, dass der Boden verseucht sei. Hinzu komme, dass die Schießanlage auch von Polizisten, Feldjägern oder Sicherheitsbeauftragten der Bundespost genutzt worden sei. Zudem geht der Insolvenzverwalter davon aus, dass die Sanierung unnötig teuer gewesen sei, denn seiner Ansicht nach hätte es ausgereicht, das Areal abzudichten.

Die Vertreter des Landratsamts, die den Aushub im Auftrag des Landes organisiert hatten, erklärten vor Gericht, dass eine Abdichtung keine Alternative gewesen sei. Um das Grundwasser dauerhaft zu schützen, sei als einzige Möglichkeit geblieben, tonnenweise Erde in dem Gebiet abzutragen. Die Behörde stützt ihre Einschätzung auf mehrere Gutachten. Dass die Sanierung letztlich fast 800 000 Euro teurer wurde als geschätzt, sei nicht zu erwarten gewesen. Erst während der Arbeiten, berichtete der Vertreter des Landratsamts, habe sich gezeigt, wie „überraschend stark“ die Schadstoffbelastung tatsächlich war. Sollte das Land vor Gericht Recht bekommen, kann es auf das Vermögen des Vereins zugreifen. Welche Folgen ein Sieg des Insolvenzverwalters hätte, ist noch nicht absehbar. Wenn das Land zu Unrecht Geld für die Sanierung gefordert hat, hätte Hubertus mit seinen einst 700 Mitgliedern nie Insolvenz anmelden müssen – der Verein könnte demnach reaktiviert werden. Allerdings haben die Jäger längst einen neuen Club gegründet. Dieser verfügt zwar über keine eigene Schießanlage mehr, aber inzwischen über mehr als 400 Mitglieder.