Lächerlich gering sind die Strafzahlungen, die die S-Bahn Stuttgart an den Verband Region Stuttgart zahlen muss, wenn Züge sich verspäten oder ausfallen. Jetzt soll es für die Bahn teurer werden. Aber richtig schmerzhaft ist die Summe noch immer nicht.

Stuttgart - Der Ärger ist groß, die Strafe gering. Wenn die DB Regio die mit dem Verband Region Stuttgart vereinbarten Qualitätskriterien in Sachen Pünktlichkeit, Sauberkeit, Sicherheit und Information bei der S-Bahn nicht einhält, drohen Strafzahlungen. Wobei das Wort drohen eigentlich falsch ist. Im 2009 geschlossenen Verkehrsvertrag wurden diese sogenannten Pönalen während der Bauzeit von Stuttgart 21 nämlich begrenzt. Und so zahlte die DB Regio beispielsweise für das Jahr 2016, in dem sie die Zielwerte bei der Pünktlichkeit deutlich verfehlte, nur 231 000 Euro Strafe, für ausgefallene Züge fielen nochmals 1,1 Millionen Euro an. Zum Vergleich: Im gleichen Jahr bekam die Bahntochter mehr als 80 Millionen Euro vom Verband Region Stuttgart für den S-Bahn-Verkehr erstattet. Jetzt soll der Vertrag revidiert werden.

 

Strafe kann sich zwei Millionen Euro erhöhen

Der regionale Verkehrsausschuss hat der Verbandsgeschäftsstelle einstimmig grünes Licht für die – so offiziell – „Weiterentwicklung der Qualitätsstandards“ gegeben. Ein Kernelement der Neuregelung soll sein, dass die Pönalebegrenzung während der S-21-Bauzeit aufgehoben wird. Bisher war die Strafsumme gedeckelt: Wenn sich also mehr S-Bahnen verspäteten, zahlte die Bahn nicht mehr. Damit wollte sich der Schienenkonzern vor Ungewissheiten bei den S-21-Arbeiten absichern.

Zudem wird künftig auch für Züge, die später als der laut Fahrplan nachfolgende Zug unterwegs sind, eine Strafzahlung wegen Unpünktlichkeit fällig. Außerdem verpflichtet sich die DB Regio, Pilotprojekte mit 540 000 Euro zu unterstützen, beispielsweise indem Prognose- und Fahrplandaten für Open-Service-Anwendungen kostenlos öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Der Regionalverband erhofft sich dadurch eine „höhere Transparenz, die ganz im Sinne der Fahrgäste ist“.

Sollte sich die Pünktlichkeit nicht verbessern, müsse die DB Regio auf Grundlage der neuen Regelungen etwa 2,1 Millionen Euro Strafzahlungen an den Regionalverband bezahlen, sagte der regionale Verkehrsdirektor Jürgen Wurmthaler. Der Verband wolle der Bahn aber vor allem einen weiteren Anreiz setzen, bestehende Qualitätsprobleme zu lösen. „Unser Ziel ist nicht mehr Geld“, sagte er, „wir wollen, dass die S-Bahn endlich pünktlicher fährt“. Allerdings müsse die DB Regio nun mit höheren Kosten rechnen, wenn sie „weiter schlecht fährt“.

Pünktlichkeit weiter hinter Zielwerten

Und in der Tat hinken die Pünktlichkeitswerte, auch wenn sie in einigen Bereichen besser werden, noch weit den vereinbarten Qualitätsstandards hinterher. Die im Verkehrsvertrag festgeschriebenen Zielwerte liegen bei 94,5 Prozent bei der Drei-Minuten- und bei 98 Prozent bei der Sechs-Minuten-Pünktlichkeit. Laut ihrer eigenen Pünktlichkeitsstatistik verfehlte die S-Bahn diese Werte im ersten Halbjahr: Die Drei-Minuten-Pünktlichkeit lag bis Ende Juni bei 89,3, die Sechs-Minuten-Pünktlichkeit bei 97,1 Prozent – das ist allerdings besser als im gesamten Vorjahr (88,3 und 96,6 Prozent). Bei den Juli-Werten gibt es signifikante Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr: von 85,5 auf 90,1 Prozent bei der Drei-Minuten-Pünktlichkeit und von 95,5 auf 97,4 Prozent bei der Sechs-Minuten-Pünktlichkeit.

Das Internetportal „S-Bahn-Chaos“ ermittelt ebenfalls aus dem Echtzeitfahrplan der S-Bahn seine Pünktlichkeitswerte, die wegen eines anderen Verfahrens allgemein etwas schlechter sind als jene der Bahn. Auch danach gab es aber im ersten Quartal 2017 leicht bessere Werte und im Mai einen Einbruch. Für Juli 2017 stellten die Experten des Portals einen Wert von 88,4 Prozent bei der Drei-Minuten- und von 94,8 Prozent bei der Sechs-Minuten-Pünktlichkeit fest. „Damit hat sich die Pünktlichkeit gegenüber dem Vormonat Juni etwas verschlechtert und gegenüber dem Vorjahresmonat verbessert“, heißt es auf dem Portal. Letzteres sei aber nur ein „schwacher Trost“, schließlich habe es im Juli 2016 massive Probleme auf dem Abschnitt zwischen Böblingen und Stuttgart-Rohr gegeben. Zudem sei auch die Zahl der Zugausfälle wieder gestiegen.

Fazit von S-Bahn-Chaos: „Von einem Wendepunkt in der Pünktlichkeitsgeschichte – wie er beim diesjährigen S-Bahn-Gipfel Anfang Juli zur großen Freude der meisten anwesenden Regionalräte artikuliert wurde – kann also keinesfalls die Rede sein.“ Anders gesagt: Die Haushälter des Regionalverbands können 2018 mit höheren Strafzahlungen der Bahn rechnen.