Die Bezirksbeiräte verfügen über die Gelder zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements. Gleichzeitig gibt es einen Etat für kulturelle Veranstaltungen – aber nur für einen Teil der 23 Stadtbezirke.

Stuttgarter Norden - Die Kulturnacht im Stadtbezirk, der Bürgerempfang im Bezirksrathaus oder die Putzete im Stadtpark – wer ein Projekt, eine Initiative oder eine Veranstaltung plant, die dem Gemeinwohl dient und dafür finanzielle Unterstützung benötigt, kann einen Antrag stellen. Für bürgerschaftliches Engagement stehen derzeit in Stuttgart insgesamt 305 000 Euro jedes Jahr zur Verfügung. Seit 16 Jahren verfügen die Bezirksbeiräte über einen Großteil des Budgets: „Die Aufteilung der Mittel erfolgt nach einem festgelegten Schlüssel“, teilt Hauptamtsleiter Bernd Reichert auf Nachfrage mit. Zunächst einmal werden aus dem Gesamtmitteltopf rund 57 000 Euro für kulturelle Zwecke entnommen und auf zehn der insgesamt 23 Stadtbezirke verteilt. Unter diesen zehn Bezirken befinden sich Feuerbach, Weilimdorf und Zuffenhausen, die Gelder für die Förderung der lokalen Kultur erhalten.

 

Diese „Vorwegentnahme“ habe historische Gründe, betont Reichert: Denn bereits vor dem Budgetmittel-Beschluss des Gemeinderats für die Bezirksbeiräte im Oktober 1998 wurden einzelnen Stadtbezirken Mittel für kulturelle Zwecke zugeteilt. Diese Gelder werden unabhängig vom Budget zur Förderung bürgerschaftlicher Initiativen weiterhin gewährt, erklärt der Leiter des Haupt- und Personalamtes. Die Verteilung der Restsumme ergibt sich folgendermaßen: Alle Bezirke erhalten einen Sockelbetrag von jeweils 2556 Euro. Der restliche Betrag wird entsprechend dem Verhältnis der Einwohnerzahlen zum Stichtag 31. Dezember des Vorjahres verteilt. Übrig gebliebenes Geld bleibt im Topf: „Wer seine Mittel nicht vollständig aufbraucht, kann sie aufs kommende Jahr übertragen“, sagt Reichert.

In Feuerbach liegen 2016 fast 54 000 Euro im Budgettopf

In Feuerbach wird von dieser Möglichkeit zum Übertrag rege Gebrauch gemacht. Dort hat sich auf dem Budgetmittel-Konto inzwischen ein höherer fünfstelliger Betrag angesammelt. „Es werden rund 45 000 Euro nach 2016 übertragen, wovon bereits 8300 Euro vom Bezirksbeirat verfügt, aber noch nicht abgeflossen sind. Somit stehen für neue Projekte und Veranstaltungen 36 700 Euro Altmittel und rund 17 000 neue Budgetmittel zur Verfügung“, sagt Susanne Ramp, stellvertretende Bezirksvorsteherin in Feuerbach. Im kommenden Jahr beträgt das Gesamtbudget also 53 700 Euro.

Lange Debatten im Bezirksbeirat

Im örtlichen Bezirksbeirat debattieren die Sprecher der verschiedenen Fraktionen im Einzelfall oft lange darüber, wie viel Geld aus der Schatulle des Kultur- und Verfügungsbudget für die jeweilige bürgerschaftliche oder kulturelle Aktivität bewilligt werden soll und ob die formellen Voraussetzungen für einen Zuschuss überhaupt gegeben sind: „Wir sollten uns nicht wie die Pfennigfuchser verhalten“, meinte ein Bezirksbeirat in der vergangenen Sitzung. Prompt kam von der gegenüber liegenden Seite des Ratstisches der Einwurf: „Wir reden hier über Steuergelder.“ Vor etwa zwei Jahren hatte der Bezirksbeirat versucht, die eigenen Förderleitlinien aus dem Jahr 2008 neu zu fassen. Es blieb beim Versuch. „Ich halte es für immens wichtig, das bürgerschaftliche Engagement – wann immer es geht – finanziell zu unterstützen. Das drückt Anerkennung und Wertschätzung dieser Arbeit aus“, sagt Feuerbachs Bezirksvorsteherin Andrea Klöber. Dafür stehen Feuerbach mit seinen etwa 29 000 Einwohnern 11 792 Euro Budgetmittel und 5113 Euro für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung.

Frage der Verteilungsgerechtigkeit wird gestellt

Anders stellt sich die Situation in Stammheim dar: Lediglich rund 6300 Euro bekommt der Stadtbezirk pro Jahr zugewiesen – bei ungefähr 12 000 Einwohnern. Bezirksvorsteherin Susanne Korge stellt die Frage der Verteilungsgerechtigkeit: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass wir aus dem Etat für eigene kulturelle Veranstaltungen gar nichts kriegen. Wir wollen zumindest einen Minimalbetrag haben“, sagt sie. Mit dem Arbeitskreis Kultur habe man im Stadtbezirk ein eigenes Kulturprogramm aufgebaut, aber dieses müsse nun wegen der fehlenden finanziellen Mittel „radikal reduziert“ werden. Bis im Jahr 1992 habe es einen eigenen Etat für kulturelle Veranstaltungen gegeben, der sei aber wegen angeblich zu geringer Beteiligung an den Aktivitäten gestrichen worden. Wie momentan der Kassenstand im Verfügungsbudget aussieht, kann Korge nicht sagen: „Es fehlen noch Abrechnungen. Aber man gibt natürlich nicht alles bis auf den letzten Cent aus“.

Fast leer ist die Kasse in Botnang: „Der aktuelle Kassenstand beträgt 504 Euro und 32 Cent“, sagt Bezirksvorsteher Wolfgang Stierle. Zwei neue Zuschussanträge stehen allerdings schon auf der kommenden Tagesordnung des Bezirksbeirates im Januar: „Ich gehe mal zu 99 Prozent davon aus, dass danach das komplette Geld abgerufen sein wird“, ist sich Stierle sicher. Das Gesamtbudget beträgt lediglich 6630 Euro. Das Botnanger Gremium verteile das Geld in der Regel, was ja grundsätzlich auch sinnvoll sei, argumentiert der Botnanger Schultes: „Die Mittel können zwar angespart werden, dann aber eigentlich für größere Maßnahmen oder Veranstaltungen.“ 2015 habe der Bezirksbeirat als größten Posten einen rund 2000-Euro-Zuschuss für das örtliche Ortsbusprojekt bewilligt.

Dem Bezirk Weilimdorf stehen rund 16 600 Euro pro Jahr zur Verfügung. „Für das Jahr 2015 haben wir 12 533 Euro Budgetmittel und 4090 Euro für eigene kulturelle Veranstaltungen bekommen“, sagt Beate Merk vom örtlichen Bezirksamt. Im Jahr 2015 hat der Bezirksbeirat 10 580 Euro aus dem Verfügungsbudget schon bewilligt, knapp 2000 Euro werden also ins Jahr 2016 mitgenommen. „Man muss immer unterscheiden zwischen dem, was vom Bezirksbeirat per Beschluss vergeben wurde, und dem, was tatsächlich abgerufen wird“, sagt Bezirksvorsteherin Ulrike Zich. Meist würden die Mittel im Sinne von Ausfallbürgschaften zur Deckung eventueller Defizite bei Aktionen oder Veranstaltungen vergeben. Über die Zuschüsse für die kulturellen Veranstaltungen entscheidet hingegen in Weilimdorf nicht der Bezirksbeirat: Die Abrechnung darüber macht der Kulturkreis direkt mit dem Bezirksamt – das nächste Mal im Januar 2016.

In Zuffenhausen sind in der letzten Sitzung dieses Jahres noch drei Förderanträge behandelt worden: Die Gustav-Werner-Schule bekommt 3000 Euro für einen Schüleraustausch mit Sankt Helens, die Jugendfarm Freiberg/Rot erhält einen Zuschuss von 1780 Euro für die Anschaffung einer Tischtennisplatte, und bei der Zuffenhäuser Jugendfarm darf man sich über 1000 Euro für die Überdachung der Schmiede freuen. Nach Abzug dieser Beträge bleiben unter dem Strich noch 1545 Euro in der Kasse. Bekommen für das Jahr 2015 hatten sie rund 21 800 Euro. Davon entfielen rund 14 400 auf den Budgetanteil des Bezirksbeirats und 7400 Euro auf den Kulturtopf. „Wir schauen, was anfällt und was in der Kasse ist“, umschreibt der Bezirksvorsteher Gerhard Hanus die Zuffenhäuser Strategie. Regelmäßig werden Veranstaltungen wie das Fleckenfest oder die Sucht- und Gewaltpräventionswoche unterstützt. Nicht selten übernehmen die Bezirksbeiräte auch Ausfallbürgerschaften, die nur zum Teil oder gar nicht in Anspruch genommen werden müssen.