Exklusiv Schwere Führungskrise an der Verwaltungs-Hochschule in Ludwigsburg: Professoren rebellieren gegen die vor zwei Jahren gewählte Rektorin. Das Wissenschaftsministerium betrachtet die Querelen „mit Sorge“ – und soll nun schlichten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart / Ludwigsburg - Auf ihren Ruf als „Führungskaderschmiede“ ist die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg mächtig stolz. Dank der generalistisch angelegten und grundsoliden Ausbildung landeten viele Absolventen in Führungspositionen, jubilierten die Rektorin Claudia Stöckle und der Hochschulrats-chef Jochen Kübler 2013 beim Vierzig-Jahr-Jubiläum. Besonders in Rathäusern und Finanzämtern machten sie Karriere.

 

Derzeit aber gibt die Hochschule in puncto Führung kein gutes Bild ab. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit wird sie seit Wochen von einer schweren Führungskrise erschüttert. Ursache ist offenbar der Führungsstil der erst seit zwei Jahren amtierenden Rektorin Stöckle. Aus Protest gegen die 55-jährige Juristin und deren Umgang mit ihnen haben sich zahlreiche Professoren an das Stuttgarter Wissenschaftsministerium gewandt. Sie sehen wohl keine Möglichkeit mehr, den Konflikt intern zu klären, und fordern ein Eingreifen des Ressorts von Theresia Bauer (Grüne). Ein Sprecher Bauers bestätigte, die Probleme in Ludwigsburg seien bekannt; es würden „aus unterschiedlichen Richtungen Informationen an das Ministerium herangetragen“. Man betrachte die Entwicklung „durchaus mit Sorge“.

Querelen schon gleich nach der Wahl

Beim Vierzig-Jahr-Jubiläum schien die Welt in Ludwigsburg noch in Ordnung zu sein. Doch hinter den Kulissen schwelte der jetzt eskalierte Konflikt zwischen Stöckle und den Professoren offenbar schon länger. Bereits die Wahl der Juristin Ende 2011 / Anfang 2012 war von Querelen überschattet. Eine Findungskommission sollte nach Kandidaten für die Nachfolge des langjährigen Rektors Walter Maier Ausschau halten. Sie bat eine Bewerberin und zwei Bewerber zum Vorstellungsgespräch, darunter auch den langjährigen Prorektor und damaligen kommissarischen Hochschulleiter. Dem Hochschulrat wurde jedoch lediglich ein Vorschlag unterbreitet, nämlich Stöckle. Auch das Gremium selbst ließ nur sie als Bewerberin zu.

Dieses Verfahren hatte zu massivem Unmut unter den Professoren geführt, die es als undemokratisch und unfair empfanden; schon damals gab es Protestbriefe an Wissenschaftsministerin Bauer. Der Vorsitzende des Hochschulrates, der Ex-CDU-Landtagsabgeordnete und frühere Öhringer Bürgermeister Jochen Kübler (61), wies die Kritik freilich schroff zurück.

Irritationen über die vielen Stellenwechsel

Mit sechs zu drei Stimmen wurde Stöckle – damals Erste Landesbeamtin im Landkreis Calw – im Hochschulrat gewählt, mit zwölf zu sechs Stimmen bestätigte sie später auch der Senat. Kritiker hatten sich bereits damals irritiert gezeigt über die vielen Stellenwechsel der promovierten Juristin. So war sie in den Regierungspräsidien Stuttgart und Karlsruhe tätig, im sächsischen Umweltministerium, als Richterin am Verwaltungsgericht und im baden-württembergischen Innenministerium.

Als erste Frau rückte Stöckle an die Spitze einer der Verwaltungshochschulen im Südwesten. Die Förderung von Frauen war ihr dort ein besonderes Anliegen. So ermunterte sie Frauen, sich verstärkt als Bürgermeisterinnen zu bewerben und intensiver Netzwerke zu knüpfen. Auf ihre Initiative ehrte die Hochschule haupt- und ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen. Als eine Kanzlerin das vierköpfige, dann aus drei Frauen und einem Mann bestehende Rektorat komplettierte, wertete Stöckle dies auch als Signal in Sachen weiblicher Führungskompetenz. Inzwischen soll sie jedoch auch die Unterstützung einstiger Mitstreiterinnen verloren haben.

Krisentreffen der Gremien Anfang Juni

Alle Beteiligten waren bisher bestrebt, den Konflikt nicht öffentlich werden zu lassen. Entsprechend einsilbig äußerten sie sich auf StZ-Anfragen. Der Hochschulratsvorsitzende Kübler verwies auf eine Sitzung des Gremiums am 3. Juni. Dabei sollten „die derzeitigen Schwierigkeiten behandelt und soweit möglich geklärt werden“. „Meinen Beitrag zu dieser Klärung steuere ich bei“, teilte er mit. Stöckle verwies auf eine von ihr für den Folgetag anberaumte Senatssitzung. Sie wolle „den Gremien nicht vorgreifen“. Derzeit liefen dort „Diskussionsprozesse“, die vom Wissenschaftsministerium „begleitet“ würden.

Der Sprecher des Ressorts sagte, man führe „seit längerem intensive Gespräche mit allen Seiten“; Ziel sei zunächst, sich ein detailliertes Bild zu machen. Sollte sich Handlungsbedarf abzeichnen, werde das Ministerium im Rahmen seiner Möglichkeiten auf eine Lösung hinarbeiten. Dabei gelte es jedoch die weitgehende Autonomie der Hochschulen zu berücksichtigen.