Der Eigentümer eines Bürohauses an der Jägerstraße klagt in Mannheim. Er fürchtet um die Standfestigkeit seines Hauses. Das ist eines von elf S-21-Verfahren, mit dem sich der Verwaltungsgerichtshof in diesem Jahr beschäftigt.

Stuttgart - Es geht um juristische Feinheiten, Paragrafen und Verwaltungsvorschriften an diesem Vormittag im schmucklosen Sitzungssaal III im Untergeschoss des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim. Die Klage des Besitzers eines Bürohauses an der Jägerstraße gegen eine Planänderung für den S-21-Tiefbahnhof wird verhandelt. Dabei werden Details thematisiert – die Frage zum Beispiel, was die 5. Planänderung eigentlich genau umfasst –, deren wahre Bedeutung sich erst auf den zweiten Blick offenbart. Dann nämlich, als der Eigentümer Carl-Michael Emer erzählt, dass im Keller- und im Erdgeschoss seines Bürohauses die Türen immer schwergängiger werden und wie groß seine Befürchtungen sind, dass sich doch schwerere Schäden einstellen, als von der Bahn und den Gutachten vorhergesagt.Heinz Bölle, Vizepräsident des Verwaltungsgerichtshofs und Vorsitzender Richter des 5. Senats, kann Emers Ängste „gut verstehen“. Doch er wiederholt eben auch den Satz, den er meistens nach den Ausführungen von Emers Anwalt Claus J. Lohmann sagt: „Was hat das mit der 5. Planänderung zu tun?“ Es ist eine rhetorische Frage, denn es wäre wohl eine Überraschung, wenn der 5. Senat bei der Urteilsverkündung am Freitag eine andere Antwort darauf fände als ein juristisch ausführlich begründetes „Nichts“. Schon im vergangenen August wies der Senat nach einer vierstündigen Erörterung mit zehn Sachverständigen im Eilverfahren die Klage zurück. Und auch ein von Lohmann zum Missfallen Bölles erst in der Nacht zum Mittwoch unangekündigt verschickter neuer Schriftsatz wird – das jedenfalls legt der Verlauf der Sitzung nahe – an der grundsätzlichen Einstellung der obersten Verwaltungsrichter im Land nichts ändern, wonach die 5. Planänderung rechtens ist. Das gilt wohl auch für die 10. Planänderung für den Bau neuer Stadtbahntunnel, gegen die Emer ebenfalls klagt. Diese Verhandlung fand am späten Mittwochnachmittag statt.

 

Der VGH beschäftigt sich dieses Jahr mit elf S-21-Verfahren

Bei beiden Verfahren fiel es der Klägerseite schwer zu begründen, warum sie – nach dem grundsätzlich und vom Verwaltungsgerichtshof gebilligten Planfeststellungsbeschluss für die S-21-Arbeiten aus dem Jahr 2005 – durch die Änderungen neu betroffen ist. Im Fall der Zentralisierung des Grundwassermanagements von vier auf eine Anlage gelang das nur über das juristische Konstrukt, dass es möglicherweise eine Unterlassung sein könnte, dass ein auf dem Grundstück Emers gebohrter Infiltrationsbrunnen hätte im Planfeststellungsbeschluss genehmigt werden müssen. Das war nicht der Fall, weil die Standorte als Teil der Ausführungsplanung eingeschätzt wurden. „Darin könnte eine Rechtsverletzung liegen, wenn der Brunnen das Eigentum des Klägers beeinträchtigt“, umriss Bölle die – aus Sicht des Senats – wohl entscheidende juristische Frage. Die Zweifel der S-21-Gegner an dem Strömungsmodell, das dem Grundwassermanagement zugrunde liegt, konnte der Klägeranwalt nicht belegen, zumal er auf die Einwände der Bahn keine ausreichenden Erklärungen abgeben konnte. Der Vorsitzende Richter kritisierte mehrfach, dass er den Gutachter nicht zur Verhandlung mitgebracht hatte. Auch den Befürchtungen wegen einer nicht ausreichenden Erkundung und Überwachung widersprachen die Experten der Bahn.

Insgesamt beschäftigt sich der Verwaltungsgerichtshof dieses Jahr mit elf S-21-Verfahren. Anfang April wies der 5. Senat die Klage eines Esslingers gegen verschiedene Planänderungsbescheide zurück. Er sei als regelmäßiger Bahnfahrer davon betroffen, meinte der Kläger. Der Senat sah das anders. Der Esslinger sei nicht klagebefugt, da er nicht in eigenen Rechten verletzt sei. Anfang und Mitte Juli verhandelt der VGH weitere Klagen gegen die Planfeststellungsbeschlüsse für den Tiefbahnhof und für den Fildertunnel.