Die Zahl der Flüchtlinge, die ihr Bleiberecht per Klageweg fordern, ist sprunghaft gestiegen. Allein im vergangenen Februar waren es mehr als 400 Personen, die den Klageweg beschritten haben. Sonst sind es monatlich durchschnittlich etwa 150.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Der Anstieg der Flüchtlingszahlen in Deutschland hat auch zu einer deutlichen Zunahme von Asylverfahren geführt, die am Verwaltungsgericht Stuttgart verhandelt werden: Im Vergleich zum Jahr 2012 stieg die Zahl dieser Fälle von 1295 um 35 Prozent auf 1751 im vergangenen Jahr. „Vor allem seit dem dritten Quartal 2012 spüren wir eine deutliche Zunahme“, sagte Gudrun Schraft-Huber, die Präsidentin des Verwaltungsgerichts, bei der alljährlichen Bilanzpressekonferenz.

 

Präsidentin: Richter stemmen Arbeitsaufwand „ganz gut“

Bisher könne die Richterschaft des Hauses mit ihren etwa 42 Stellen den höheren Arbeitsaufwand „ganz gut“ stemmen, so Gudrun Schraft-Huber. Man sei sogar froh darüber, dass man mit Arbeit ausgelastet sei. Sorgen bereiten der Gerichtspräsidentin augenscheinlich aber Zahlen aus der jüngsten Vergangenheit: Allein im vergangenen Februar gingen 427 neue Asylverfahren ein. Hochgerechnet aufs Jahr würde dies einen Anstieg auf rund 5000 Fälle bedeuten. Gudrun Schraft-Huber wagt bislang aber noch keine Prognose. „Wir wissen nicht genau, ob sich dieser Trend fortsetzt. Wir müssen aber wohl mit Zahlen auf hohen Niveau rechnen.“ Die Antragsteller müssten sich dann allerdings auf deutlich längere Bearbeitungszeiten einstellen. „Personell aufstocken können wir hier am Gericht nicht“, sagt die Präsidentin.Insgesamt gibt Gudrun Schraft-Huber aber Entwarnung: „Von der hohen Zahl an Asylverfahren der 90er Jahre sind wir noch weit entfernt.“ Damals waren infolge des Bürgerkriegs im damaligen Jugoslawien und des schweren Kurdenkonflikts in der Türkei Jahr für Jahr rund 10 000 neue Fälle am Gericht eingegangen.

Viele Klagen von Flüchtlingen aus Ex-Jugoslawien

Seit einigen Monaten sind es wieder vor allem Bürger aus Ex-Jugoslawien, die am Verwaltungsgericht ihr Bleiberecht einklagen. Die Menschen aus Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo treibt offenbar aber nicht allein die Angst vor politischer Verfolgung nach Deutschland. Die Zahl der Asylklagen aus diesem Personenkreis stieg innerhalb eines Jahres von 392 auf 486. Dabei handelt es sich vor allem um Roma und Sinti, die wegen Diskriminierungen auf den ohnehin angespannten Arbeitsmärkten in ihren Herkunftsländern keinen Job finden, von dem sie ihr eigenes Leben oder das ihrer Familien finanzieren können.

Im Vergleich zu 2012 hat sich zudem die Zahl der afghanischen Flüchtlinge, die am Verwaltungsgericht im vergangenen Jahr eine Asylklage eingereicht haben, auf 226 fast verdoppelt. Diesen Rechtsweg beschreiten in Stuttgart zudem viele Menschen aus Pakistan, Syrien und Sri Lanka. Die meisten Asylverfahren endeten im Jahr 2013 am Verwaltungsgericht indes mit ablehnenden Beschlüssen. Die Erfolgsquote bei Eilverfahren, die im Durchschnitt etwa sechs Wochen dauern, betrug lediglich 13 Prozent. Im Jahr zuvor waren es 1,1 Prozentpunkte weniger.Bei den Hauptsacheverfahren – also Fällen, bei denen weniger Zeitdruck herrscht – lag die Erfolgsquote der Kläger im vergangenen Jahr bei 14,9 Prozent (nach 9,2 Prozent im Jahr 2012). Dabei mussten die Kläger durchschnittlich siebeneinhalb Monate auf ein Urteil warten.

Erfolgsquote der Kläger beträgt 14,9 Prozent

Insgesamt hat fast jeder zweite Fall, mit dem sich die Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart befassen, mit Klägern zu tun, die keinen deutschen Pass besitzen. Denn zu den 1751 Asylrechtseingängen kamen im vergangenen Jahr 521 Verfahren, die mit dem Ausländerrecht zu tun haben. Damit stammen 45 Prozent der insgesamt 5105 Verfahrenseingänge am Verwaltungsgericht aus diesen beiden Bereichen.