Ein Tierschutzverein klagt wegen den Pflegekosten für eine Schildkröte und eine Katze – und bekommt Recht. Laut dem VGH muss die Gemeinde einem Tierschutzverein die Kosten für die Pflege zweier Fundtiere erstatten.

Dettingen - Wer einen Geldbeutel findet, trägt diesen in der Regel zum Fundbüro. Findet man dagegen ein vermeintlich herrenloses Tier, steuert man eher das nächste Tierheim an. Doch wer zahlt für die Pflege, wenn sich der Besitzer nach vier Wochen nicht meldet? Als Trägerin der Fundbehörde muss dies die jeweilige Kommune tun. Dies hat der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) jetzt im Falle der Gemeinde Dettingen (Kreis Esslingen) in einem Grundsatzurteil (Az: 1 S 570/14). Denn rechtlich sind Haustiere ohne Herrchen nicht herrenlos. Doch der Reihe nach.

 

Für die Beteiligten ging es weniger um die Ausgaben von 392 Euro. Vielmehr wollten der Kläger, der Tierschutzverein Esslingen und Umgebung, sowie die Gemeinde Dettingen als Beklagte, grundsätzlich Klarheit darüber, wer für die vier Wochen Pflege und Ernährung aufkommen muss – im Dettinger Fall für eine Wasserschildkröte und eine Katze. Die beiden Tiere wurden von der Polizei und einer Frau im Zentrum von Dettingen gefunden und abgegeben. Als sich weder Herrchen noch Frauchen meldeten, stellte der Esslinger Verein die Kosten der Gemeinde in Rechnung. Die weigerte sich zu bezahlen, und so landete der Streit vor Gericht. Bereits im März entschied das Verwaltungsgericht in Stuttgart zu Gunsten des Tierschutzvereins. „Wir wollten in Revision gehen, da wir die Sachlage nicht abschließend geklärt sahen. Es ging weniger um den Betrag“, sagt Jörg Neubauer, der Leiter der Dettinger Haupt- und Finanzverwaltung. Der VGH sorgte nun für Klarheit und bestätigte das Stuttgarter Urteil.

Strittig war nämlich auch, von wann an ein Fundtier zum herrenlosen Tier wird. Denn das macht für die Juristen den Unterschied. Wie mit Fundtieren umzugehen ist, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) im Detail. Fundtiere sind, wie der Name schon ausdrückt, wie Fundsachen zu behandeln. Finanziell ist deshalb die Kommune verantwortlich. Hat ein Besitzer das Tier ausgesetzt, im juristischen Wortlaut „aufgegeben“, ist es als herrenlos anzusehen. In diesem Falle bleiben die Kosten an den jeweiligen Tierheimen hängen.

Um hier eine Grenze zu ziehen, haben das Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg und das Landesinnenministerium Hinweise zur Behandlung solcher Tiere veröffentlicht. In der Regel könne, sofern sich der Eigentümer eines Tieres nicht spätestens nach vier Wochen gemeldet hat, angenommen werden, dass er die Suche nach seinem Tier aufgegeben habe und das Tier damit herrenlos sei, heißt es in der Erklärung des Verwaltungsgerichtshofs.

Neubauer zufolge könne man die Regelung akzeptieren: „Den Gegenbeweis kann ohnehin keiner antreten.“ Den Betrag habe man dem Verein bereits überwiesen. „Der Fall geht ja auf das Jahr 2012 zurück. Mittlerweile haben wir Vereinbarungen mit den Tierheimen in Esslingen und Kirchheim“, so Neubauer. Wer in Dettingen ein Tier findet, kann die 24-Stunden-Hotline des Störungsdienstes der Gemeinde anrufen. „Unsere Mitarbeiter wissen auch, was im Falle von Fundtieren zu tun ist“, sagt Neubauer. Die Schildkröte und die Katze konnten laut einem Mitarbeiter des Esslinger Tierheims übrigens schon vor längerer Zeit an neue Besitzer vermittelt werden.