Ein leitender Ulmer Feuerwehrmann hatte geklagt, dass die Zeit, die er in Alarmbereitschaft ist, Arbeitszeit sei. Die Stadt hatte das anders gesehen. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gab ihm nun Recht.

Mannheim - Die „häusliche Alarmbereitschaft“ eines Einsatzleiters der Feuerwehr am Abend, bei Nacht und an Wochenenden ist nicht nur als Rufbereitschaft, sondern als reguläre Arbeitszeit zu bewerten. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim im am Donnerstag bekanntgegebenen Urteil festgestellt und einem Einsatzleiter der Ulmer Feuerwehr recht gegeben. Mit der Entscheidung hat der Senat die Berufung der Stadt gegen einen gleichlautenden Spruch des Verwaltungsgerichts Sigmaringen zurückgewiesen.

 

Der Beamte, der im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst beschäftigt ist, hatte sich gegen die bisherige Praxis der Stadt gewandt, bei der Bereitschaftsdienste lediglich als Rufbereitschaft behandelt und pauschal vergütet werden.

Bereitschaft übers Wochenende

Nach Angaben des VGH wird der Kläger bislang bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 41 Stunden pro Woche auf Basis einer Viertagewoche im Wechsel mit fünf bis sieben weiteren Beamten als Einsatzleiter herangezogen. Dabei bleiben die Wehrmänner von sieben bis sieben Uhr über das reguläre Ende der Arbeitszeit um 17 Uhr hinaus weiter in Alarmbereitschaft.

An Wochenenden dauert die Bereitschaft von freitags 17 Uhr bis sieben Uhr am Montag. Im Schnitt sei der Kläger öfter als einmal wöchentlich rund um die Uhr „Einsatzleiter vom Dienst“. Dazu komme noch etwa jede sechste Woche ein Wochenenddienst, stellte das Gericht fest. In dieser Zeit müsse der Beamte ständig per Funk erreichbar und einsatzbereit sein. Er müsse immer ein dienstliches Einsatzfahrzeug mitführen und dürfe das Stadtgebiet beziehungsweise den Umkreis von 15 bis 20 Kilometer um die Feuerwache herum nicht verlassen. Dafür bekomme er bislang pauschal 300 Euro im Monat. Nur wenn er tatsächlich zu einem Einsatz gerufen wird, was häufig der Fall sei, werde dies als reguläre Arbeitszeit vergütet.

Interne Gespräche erfolglos

Wegen dieser Praxis war der Beamte im Sommer 2008 zusammen mit vier weiteren Kollegen, die ebenso wie er als Einsatzleiter herangezogen wurden, zunächst intern bei der Stadt vorstellig geworden und hatte unter Hinweis auf eine einschlägige EU-Richtlinie die Einhaltung einer Höchstgrenze von 48 Stunden Wochenarbeitszeit verlangt. Hilfsweise beantragte er eine entsprechende Mehrvergütung.

Erfolg war ihm offenbar nicht beschieden – so erhob er im September 2009 Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen. Dort rechnete er vor, dass ihm seit April 2004 exakt 4049,85 Stunden Freizeitausgleich oder ein finanzieller Ausgleich in Höhe von 70 791,38 Euro nebst fünf Prozent Zinsen zustünden. In einem Teilurteil entschieden die dortigen Richter Ende 2011 zunächst, dass es sich bei der Bereitschaft im Einsatzleiterdienst um reguläre Arbeitszeit handelt.

Beamtenrecht lässt Spielraum

Dies hat jetzt auch der VGH bestätigt. Das Beamtenrecht des Landes definiere den Begriff der Arbeitszeit zwar nicht näher, es sei aber anerkannt, dass Bereitschaftsdienste im Gegensatz zu einer Rufbereitschaft in der Freizeit als volle Arbeitszeit zählten, stellten die Mannheimer Richter fest. Die Stadt Ulm habe die „ständige und sofortige Verfügbarkeit“ des Einsatzleiters während der Alarmbereitschaft eingeplant. Er müsse sich währenddessen stets zur sofortigen Übernahme eines Einsatzes bereithalten, heißt es in der Urteilsbegründung. Daher spreche vieles dafür, dass die Vorschriften den charakteristischen Merkmalen der Arbeitszeit nach der EU-Verordnung entsprächen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der VGH die Revision zugelassen. Die Stadt Ulm will davon nach Angaben ihrer Pressesprecherin aber keinen Gebrauch machen. Man habe bereits zwei zusätzliche Stellen eingerichtet, damit könnten künftig die Einsatzleiter ihren Dienst in der Hauptwache verrichten, sagte sie. Wegen der Nachzahlungen verhandle man mit dem Beamten über einen außergerichtlichen Vergleich. (Az. 4 S 94/12).