Die Bundespolizeidirektion Stuttgart wird ihre Stellenbesetzungsverfahren ändern müssen, denn die Behörde verstößt offenbar laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts gegen das Beamtenrecht.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Die Bundespolizeidirektion Stuttgart wird vermutlich ihre Stellenbesetzungsverfahren ändern müssen. Denn die Behörde verstößt in der Praxis offensichtlich gegen das Beamtenrecht. Am Dienstag erzielten zwei Polizisten am Verwaltungsgericht Stuttgart mit ihren Klagen Erfolge, die in der Vergangenheit mit ihren Bewerbungen auf freie Posten wegen der bisher angewandten Praxis leer ausgegangen waren. Ein Mitarbeiter der Personalabteilung der Polizeidirektion sagte nach der Gerichtsverhandlung: „Da kommt viel Arbeit auf uns zu.“

 

Richterin: Daran muss der Dienstherr arbeiten

Im Mittelpunkt der Klagen standen die Bewertungskriterien, die die Vorgesetzten bei der Vergabe von Stellen anwenden. Die beiden Polizisten hatten kritisiert, dass bei sogenannten gebündelten Dienstposten lediglich die eher subjektive Beurteilung der bisherigen Tätigkeiten berücksichtigt worden sei. Bei der Auswahl spielten aber auch die objektiven Anforderungen, die an diese geleisteten Aufgaben gestellt wurden, eine maßgebliche Rolle. „Daran muss der Dienstherr arbeiten“, sagte die Richterin und verwies auf ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2011 (Aktzenzeichen: 2 C 19/10).

Die Logik, die hinter dieser kompliziert klingenden Streifrage steckt: Wenn zwei Beamte, die beide hervorragend arbeiten und in der gleichen Besoldungsgruppe eingeordnet sind, sich um dieselbe Stelle bewerben, Kandidat A bisher aber eine anspruchsvollere Aufgabe als Kandidat B erfüllt hat, muss sich dies bei der Stellenvergabe niederschlagen: Die Leistung des Bewerbers A ist höher zu werten als die von B. Damit steht Kandidat A auch die Stelle zu. Komplizierter wird es bei konkurrierenden Bewerbern, zu deren bisherigem Aufgabengebiet mehrere Bereiche zählen, an die der Dienstherr unterschiedlich hohe Anforderungen stellt. Dieses objektive Profil jedes Bewerbers kann indes offenbar durch einen Zahlenfaktor ermittelt werden.

Ein Kläger wurde zwischenzeitlich „abgeordnet“

In den beiden nun am Verwaltungsgericht verhandelten Fällen fühlten sich die Kläger durch das Fehlen eines solchen Faktors übergangen. Darunter war ein Bundespolizist im gehobenen Dienst, der sich voriges Jahr von Stuttgart aus auf eine Stelle in Weil am Rhein beworben hatte. Nachdem er nicht berücksichtigt wurde, ordnete ihn sein Dienstherr nach Konstanz ab. Der erfahrene Polizeibeamte war bis dahin die Karriereleiter nach oben geklettert. Schließlich wurde er bei der Stellenbesetzung eines wichtigen Postens in Stuttgart nicht berücksichtigt – basierend auf einer Beurteilung seiner Vorgesetzten, die unerwartet nur durchschnittlich ausfiel. Dies, obwohl sein Dienstherr zuvor bei besonders brenzligen polizeiinternen Problemen sogar immer wieder auf die Hilfe des Polizisten zurückgegriffen hatte.

Bei der Behörde arbeiten 1900 Beamte

Die Bundespolizeidirektion Stuttgart mit Sitz in der ehemaligen Wildermuth-Kaserne in Böblingen mit seinen sieben untergeordneten Inspektionen ist in Baden-Württemberg unter anderem für die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs, der Bahnanlagen samt Bahnhöfen und der Flughäfen zuständig. Bei der Behörde sind 1900 Beamte beschäftigt.

Auf Anfrage erklärt ein Sprecher der Polizeidirektion, dass man zunächst die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts abwarten werde. Gegebenenfalls wolle man in die zweite Instanz gehen. Die Bundespolizeigewerkschaft ist optimistisch. „Wir sind froh, dass der unrechtmäßigen Stellenvergabepraxis ein Riegel vorgeschoben wird“, so ein Sprecher.