Gut zwei Jahre ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen rechtswidriger Zulagen an der Beamtenhochschule Ludwigsburg. Nun hat sie Anklage erhoben – gegen zwei frühere Führungskräfte und 13 Professoren. Ihr Verdacht: Untreue und Beihilfe dazu.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Affäre um rechtswidrige Zulagen an der Beamtenhochschule in Ludwigsburg soll vor Gericht aufgearbeitet werden. Nach gut zweijährigen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart jetzt Anklage gegen 15 Verdächtige erhoben. Sie beschuldigt den früheren Rektor und den früheren Kanzler der Untreue und 13 Professorinnen und Professoren der Beihilfe dazu. Dies erfuhr unsere Zeitung aus sicherer Quelle. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, ihm sei „zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahme möglich“. Offenbar wollte die Behörde noch abwarten, bis alle Betroffenen den Eingang der Anklage bestätigt haben. Das Landgericht Stuttgart muss nun entscheiden, ob es die Anklagen zulässt.

 

Die Ermittlungen waren Ende 2014 durch Recherchen der Stuttgarter Zeitung ausgelöst worden. Damals gab es in der Hochschule massive Unruhe, weil die 2012 gestartete Rektorin Claudia Stöckle die Unregelmäßigkeiten aufgearbeitet hatte. Es ging um monatliche Zulagen, die ihr Vorgänger 2011 zum Ende seiner Amtszeit gewährt hatte. Die 13 jetzt angeklagten Professoren wechselten damals in eine andere Besoldungsklasse, mit niedrigerem Grundgehalt und höheren leistungsbezogenen Anteilen. Tatsächlich sollen die Zulagen nicht nach Leistung, sondern alleine nach Alter vergeben worden sein. Unterm Strich erhielten die Professoren dadurch mehr als 500 Euro zusätzlich im Monat; die Belastung für die Hochschule soll pro Jahr etwa 90 000 Euro betragen, über inzwischen fünf Jahre also fast eine halbe Million Euro.

Ministerium verhindert Abgabe an Justiz

Unter Stöckle wurden die Zahlungen als eindeutig rechtswidrig eingestuft, was auch zwei Gutachter bestätigten. Aus Gründen des „Vertrauensschutzes“ wurden sie jedoch weiter gewährt. Intern wurde damals wiederholt erörtert, dass eigentlich die Staatsanwaltschaft und der Rechnungshof eingeschaltet werden müssten. Vertreter des Wissenschaftsministeriums von Theresia Bauer (Grüne) hatten dies jedoch letztlich verhindert. Man wolle den „Hochschulfrieden“ nicht gefährden, hieß es. Später behauptete Bauer, für eine Strafanzeige sei noch keine ausreichende rechtliche Bewertung möglich gewesen. Zudem sei das Strafrecht nur das letzte Mittel. Zu „laufenden Verfahren“ äußere man sich grundsätzlich nicht, sagte ein Ministeriumssprecher der StZ.

Im Zuge der Ermittlungen hatte es Durchsuchungen in der Hochschule und bei den Professoren gegeben. Dem Abschluss gingen jetzt wochenlange Gespräche zwischen der Staatsanwaltschaft und den Beschuldigten voraus. Dabei sondierten die Ermittler, ob der Ex-Rektor und der Ex-Kanzler einem Strafbefehl und die Professoren der Einstellung gegen Auflagen zustimmen würden. Dem Vernehmen nach sollten sie etwa zwei Grundgehälter zahlen sowie sämtliche zu viel erhaltenen Bezüge zurückerstatten; dabei geht es um fünfstellige Beträge. Zudem soll der überhöhte Teil der Zulagen für die Zukunft gestrichen werden. Dies kann aber offensichtlich nicht im Strafverfahren geregelt werden. Die Beschuldigten akzeptierten die Vorwürfe nicht und wollen sie daher vor Gericht klären lassen, hieß es.

Rufe nach einem Untersuchungs-Ausschuss

Zu den Vorgängen in Ludwigsburg hatte zuletzt der Beamtenbund einen Untersuchungsausschuss angeregt. Die Opposition zeigte sich dafür aufgeschlossen, wollte aber erst den Ausgang der Ermittlungen abwarten. Auch der frühere Chef der Studentenvertretung hatte ein solches Gremium gefordert, insbesondere um die Rolle von Ministerin Bauer zu klären.