Die Stuttgarter schöpfen bei Huub Stevens’ Debüt Mut. Aber den Sieg geben sie beim 1:1 in Bremen schon wieder aus der Hand. Jetzt steht am Samstag das Heimspiel gegen den HSV an.

Bremen - Der Mannschaftsbus ist längst abgefahren, doch Ton Lokhoff steht noch immer da. Im feuerroten Trainingsanzug wartet der Assistenztrainer des VfB vor dem Bremer Stadion auf ein Taxi, das einfach nicht kommen will. Lokhoff muss weiter nach Hamburg, zur Spielbeobachtung des nächsten Gegners, allmählich wird er unruhig. Denn er weiß: im Abstiegskampf gibt es keine Zeit zu verlieren. Das hat sein Chef schon vor dem Spiel gesagt, und das gilt auch jetzt noch.

 

Das 1:1 (0:0) im ersten Spiel des Trainers Huub Stevens beim SV Werder bringt den VfB nicht entscheidend weiter. Positiv betrachtet war es zwar das zweite Spiel hintereinander ohne Niederlage und ein Auswärtspunkt bei einem Gegner, der zuletzt zweimal gewonnen hatte. Auf der anderen Seite aber geht das Warten auf den ersten Sieg seit Anfang Dezember auch unter dem neuen Coach weiter. Die Lage bleibt äußerst angespannt – hier ein Punkt und da ein Punkt, das wird dem VfB nicht reichen.

Stevens füllt eifrig den Notizblock

Trotzdem hat man sich im Stuttgarter Lager schnell darauf geeinigt, den Auftritt in Bremen als wichtigen Schritt nach vorne zu betrachten. „Das ist der Weg, den wir gehen müssen“, sagt Stevens, „zusammen kommen wir da raus.“ Eine leuchtend rote Jacke hatte auch er getragen und das Spiel zumeist im Sitzen verfolgt. Nur gelegentlich sprang er von seiner Bank auf, um Anweisungen zu geben, und füllte ansonsten fleißig seinen Notizblock. Darin landete offenbar viel Positives, jedenfalls war Stevens „sehr zufrieden mit der Art, wie wir gespielt haben“.

Tatsächlich darf der VfB aus dem Auswärtsspiel in Bremen ein bisschen Mut und Zuversicht schöpfen. Die Stuttgarter waren die bessere Mannschaft, das musste auch der Werder-Trainer Robin Dutt anerkennen. Sie standen die meiste Zeit über sicher und kompakt in der Defensive und suchten zumindest in der zweiten Hälfte immer wieder entschlossen den Weg nach vorne. Hätten sie sich nicht beim Freistoßtreffer von Aaron Hunt amateurhaft in der Mauer übertölpeln lassen, dann wären sie – gegen einen freilich besonders biederen Gegner – als verdienter Sieger vom Feld gegangen.

Souveränität, Ruhe und Autorität

Auf das Lob, das neue Trainer in aller Regel von ihren Spielern bekommen, musste daher auch Huub Stevens nicht lange warten. „Man hat gesehen: die Organisation und die Ordnung im Spiel waren besser“, sagt der Torschütze Georg Niedermeier. Von der „Souveränität, Ruhe und Autorität“, die Stevens ausstrahle, schwärmt Martin Harnik: „Das ist genau das, was unsere junge Mannschaft jetzt braucht.“ Auch der Manager Fredi Bobic sah von seinem neuen Platz auf der Tribüne („Dort gehöre ich hin, dort fühle ich mich wohler“) einen Auftritt, der ihn darin bestätigte, zum zweiten Mal in dieser Saison den Trainer gewechselt zu haben: „Wir haben hinten viel weniger zugelassen als zuletzt. Das war ein guter Anfang.“

Das mag alles zutreffen – das entscheidende Problem bleibt vorerst aber auch unter Huub Stevens bestehen: Die VfB-Mannschaft kann keine Spiele mehr gewinnen. In Frankfurt (1:2) und gegen Braunschweig (2:2) hätte sie zwingend jeweils drei Punkte holen müssen – in Bremen gab sie nach einem ganz ähnlichen Muster schon wieder den möglichen Sieg leichtfertig aus der Hand. Beim Stand von 0:0 versemmelte Martin Harnik einen Elfmeter (siehe: „Fataler Fehlschuss, Teil drei“), ehe später der Außenverteidiger Gotoku Sakai, bester Mann auf dem Feld, die große Chance liegen ließ, bei einer 1:0-Führung das Spiel zu entscheiden. „Wir haben zuletzt mehrere Matchbälle auf dem Fuß gehabt und müssen einfach mal den Deckel draufmachen“, sagt Fredi Bobic – und weiß, dass sich Pech und Unvermögen in den Schlussabrechnung bitter rächen könnten.

Nun sind es nur noch neun Spiele, die dem VfB bleiben, um den drohenden Abstieg abzuwenden. Nach den Partien gegen Frankfurt, Braunschweig und Bremen wartet am Samstag gegen den Hamburger SV das vierte Kellerduell hintereinander, „das nächste Endspiel“, wie der Kapitän Christian Gentner sagt: „Es ist noch nicht zu spät, es ist noch nichts verloren.“

Gut zu wissen auch, dass Huub Stevens gegen den HSV auf die Erkenntnisse seines Assistenten Ton Lokhoff zurückgreifen kann. Denn das bestellte Taxi für den VfB-Spion ist dann doch noch gekommen.