Trotz verletzter Spieler hat der VfB nun drei Mal hintereinander gewonnen. Dennoch ist der Abstiegskampf für die Mannschaft noch nicht vorbei.

Stuttgart - Jetzt hat das Verletzungspech schon wieder zugeschlagen, erbarmungslos und ohne Vorankündigung. Ereilt hat es diesmal Gerhard Wörn, den altgedienten VfB-Physiotherapeuten mit dem Schnauzbart. Beim Joggen mit dem am Kopf lädierten Torwart Marc Ziegler geriet Wörn ins Straucheln, stürzte auf die Hand und musste ärztlich behandelt werden.

 

"Wie verhext", findet Bruno Labbadia den Umstand, dass nicht nur der Physiotherapeut, sondern auch große Teile seiner Fußball spielenden Mitarbeiter wie Cristian Molinaro, Serdar Tasci, Cacau, Khalid Boulahrouz oder Timo Gebhart derzeit stark angeschlagen sind: "Uns trifft es knüppelhart." Andererseits kann sich der Stuttgarter Trainer nun wirklich nicht darüber beklagen, dass neben allem Pech nicht auch das Glück zu einem treuen Wegbegleiter seines Teams geworden wäre. Aus dem "Quäntchen Glück" jedenfalls, von dem Labbadia auch nach dem 2:1-Sieg beim FC St. Pauli sprach, ist mittlerweile eine ordentliche Portion geworden.

Ein Siegtreffer, mit dem niemand mehr gerechnet hat

Dreimal hintereinander hat der VfB nun gewonnen - und jedes Mal hätte es auch ganz anders kommen können. Beim 1:0 in der Vorwoche gegen Schalke tat der Schiedsrichter dem VfB den Gefallen, das Spiel mit einem umstrittenen Platzverweis samt Elfmeter in die gewünschte Richtung zu lenken. Und beim 2:0 zuvor in Frankfurt waren die Eintracht-Stürmer so nett, gegen zehn Stuttgarter entweder am überragenden Torhüter Sven Ulreich zu scheitern oder aber am rechten Innenpfosten.

Die Unterkante der Latte war es beim Schuss von Gerald Asamoah am Sonntagabend am Millerntor, die den VfB beim Stand von 1:1 vor einem möglichen Rückschlag bewahrte. Und es passte auch ins Bild, dass dem eingewechselten Stürmer Sven Schipplock der Siegtreffer kurz vor Schluss gelang - zu einem Zeitpunkt, als auch Fredi Bobic nicht mehr damit gerechnet hat: "Ein Unentschieden", sagte der VfB-Manager, "wäre gerecht gewesen."

Körperlich fit dank längerer Trainingseinheiten

Ungerecht wiederum wäre es, das Glück alleine dafür verantwortlich zu machen, dass der VfB nun "unter den Abstiegskandidaten an der Spitze liegt", wie Bobic bilanziert. Denn das vorläufige Erreichen von Rang 13, dem besten Tabellenplatz in dieser Bundesligasaison, basiert nicht zuletzt auf der harten Arbeit, die unter Labbadia Einzug gehalten hat. Mehr als zwei Stunden dauern zumeist seine Trainingseinheiten, denen regelmäßige Sonderschichten für einzelne Spieler folgen. Die körperlichen Defizite sind mittlerweile aufgeholt - auch deshalb konnte der VfB auf St. Pauli zulegen, als der Gegner spürbar müde wurde.

Und so bestätigt sich derzeit auf wundersame Weise die Binsenweisheit vom Glück des Tüchtigen. Das Pech der Vorrunde jedenfalls, als der VfB mehrmals von den Schiedsrichtern benachteiligt worden war und viel Grund zum Hadern hatte, ist vom Glück der Rückrunde abgelöst worden. "Jetzt hat sich alles ausgeglichen", sagt Bobic. Und Labbadia meint: "Die Mannschaft wird für das belohnt, was sie investiert hat."

Der Abstiegskampf ist noch nicht vorüber

Allerdings wissen sie beim VfB auch, dass die Alarmstufe zumindest noch im hellroten Bereich ist. "Das ist ein unglaublicher Abstiegskampf. Ich weiß nicht, ob es so ein enges Feld schon einmal gegeben hat", sagt Labbadia. Eine Niederlage am Sonntag gegen Wolfsburg könnte den VfB wieder weit zurückwerfen. Es dürfte daher nichts schaden, wenn die Mannschaft künftig auch einmal spielerisch überzeugen würde und nicht allein kämpferisch. Kurioserweise ist ihr das in der Rückrunde am besten in Leverkusen gelungen - ausgerechnet bei der letzten Niederlage also. Auch das Spiel gegen St. Pauli war nichts für Fußballästheten, bis zum Ausgleich fand Bobic die Leistung seines Teams gar "grausam".

Angesichts des weiter drohenden Abstiegs ist der fehlende spielerische Glanz freilich nicht mehr als ein Luxusproblem. "Entscheidend sind die Punkte, das wird bis zum Schluss so bleiben", sagt Labbadia und lässt daher seine Spieler auch weiterhin hart arbeiten, damit nur ja niemand auf dumme Gedanken kommt. Sven Schipplock zum Beispiel, der gefeierte Mann am Sonntagabend, kam gestern nach dem Training als Letzter in die Dusche. Zuvor musste er die auf dem ganzen Gelände verstreuten Bälle einsammeln.