Als Pokalheld kehrt der Stürmer Vedad Ibisevic zurück nach Stuttgart, aber über seine Zeit beim VfB Stuttgart redet er auch nach seinen beiden Treffern für Hertha BSC beim 1. FC Heidenheim nicht.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Heidenheim - Die Nacht, in der er die Träume aller Hertha-Fans am Leben hielt, es einmal ins Pokalfinale im eigenen Stadion zu schaffen, hat Vedad Ibisevic im Heidenheimer Schlosshotel verbracht. Das ist ein Vier-Sterne-Superior-Haus auf einer Anhöhe, welches vor allem mit einem herausragenden Blick auf Heidenheim und das malerische Tal der Brenz besticht.

 

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Ehe sich der Stürmerkönig Ibisevic aber im Schlosshotel schlafen legen durfte, ist er in der kleinen Mixed Zone der Voith-Arena unter den Reportern der gefragteste Mann gewesen. Das lag zum einen an seinem Doppelpack beim 3:2-Sieg der Berliner über den Zweitliga-Achten 1. FC Heidenheim, mit dem der 31-Jährige seinem Club den Weg ins Pokal-Semifinale ebnete. „Der Nächste, bitte!“, so steht es auf dem T-Shirt des bosnischen Nationalstürmers, der mit den Kollegen in der Runde der letzten vier nun das Schwergewicht Borussia Dortmund aus dem Weg räumen muss, um erstmals seit 1995 wieder das Finale zu erreichen. „Ich fühlte mich in Berlin von Anfang an sehr wohl. Ich bin topfit – und habe mir durch meine Tore das nötige Selbstvertrauen geholt“, sagt Ibisevic, der Knipser, der am Samstag in der Bundesliga ja schon wieder im Fokus steht: Denn dann, und das ist der andere Grund für das Interesse an seiner Person, tritt er erstmals bei seinem alten Arbeitgeber VfB Stuttgart an, bei dem es im August eine Trennung in Moll gab.

Auf den Torinstinkt des Bosniers ist wieder Verlass

Beim VfB nach anderthalb torlosen Jahren letztlich vom Hof gejagt, ist auf den Torinstinkt des Bosniers offenbar wieder Verlass: Sechs Bundesligatore hat Vedad Ibisevic für die Hertha seit seinem Wechsel im August 2015 bereits erzielt. Aus dem Leihgeschäft ist daher inzwischen eine feste Verpflichtung geworden, denn die Wertschätzung gegenüber Ibisevic ist an der Spree sehr hoch.

Doch laut Pal Dardai ist die Erfolgsstory seines Topstürmers, der inzwischen einen Vollbart trägt, eine mit Wechselwirkung: „Vedad kann froh sein, dass er eine so gute Mannschaft hinter sich hat, die ihm viele Bälle liefert“, sagt der Hertha-Trainer: „Und wir sind alle froh, dass er da vorne so herausragend knipst.“ Dies sei ohnehin eine Fähigkeit, die ein Vollblutstürmer weitestgehend in die Wiege gelegt bekomme, so der ungarische Chefcoach. „Von mir“, scherzt Pal Dardai jedenfalls, „hat er diese Fähigkeit nicht.“

Verbal ist Ibisevic eher ein Defensivspieler

Doch bei all dem Trubel um ihn herum bleibt Vedad Ibisevic auch in der Heidenheimer Mixed Zone sachlich nüchtern. Seine Explosivität zeigt er sowieso lieber im Strafraum; verbal ist er eher ein Defensivspieler. Einer, der zwar brav seine Statements abgibt, aber selten tiefer gehende Einblicke gewährt. Außerdem weiß Vedad Ibisevic, der Profifuchs, ja sowieso schon, was jetzt gleich kommen wird, nachdem er alles über sein Doppelpack von Heidenheim erzählt hat (übrigens bereits sein vierter Doppelpack für die Hertha): die Fragen nach seinem Abgang beim VfB Stuttgart, wo man ihm zum Schluss komplett das Vertrauen entzogen hat. Doch darüber will Ibisevic nicht reden – und das gibt er deutlich zu verstehen. „Ich denke schon, dass der Vedo für das Spiel gegen uns topmotiviert ist“, sagt der VfB-Manager Robin Dutt.

„Fußball ist wie das Leben im Zeitraffer“, sagt Ibisevic: „Es gibt viele Ups und Downs.“ Auch in der eigenen Vita: infolge des Bosnienkrieges in die Schweiz und danach in die USA geflüchtet, kehrte Ibisevic als 20-Jähriger zurück nach Europa, spielte für Paris St. Germain und in Dijon. Als sich der Stürmer in der Saison 2006/07 dem Bundesliga-Aufsteiger Alemannia Aachen anschloss, da lief für den Youngster bei Weitem nicht alles rund.

In Aachen gab es reichlich Spott

„Der Auftritt von Ibisevic kann nicht beurteilt werden, weil nicht klar war, in welcher Sportart er antrat“, ätzten damals die „Aachener Nachrichten“ vor dem Spiel der Alemannia gegen den VfB über den vorangegangenen Auftritt des Bosniers auf der Bielefelder Alm. Doch der Stürmer schoss gegen den späteren Meister aus Stuttgart nicht nur ein Tor – er mauserte sich 18 Monate später im Trikot der TSG Hoffenheim gar zum Shootingstar der Liga. Mit 18 Toren in der Vorrunde schoss Ibisevic den Aufsteiger zur Herbstmeisterschaft, ehe ihn ein Kreuzbandriss lahmlegte.

Ibisevic übernachtet wieder in Stuttgart

Am Donnerstagvormittag ist er nun mit dem Teambus nach Stuttgart gefahren – denn dem vom Pokalerfolg euphorisierten Hertha-Tross („Berlin, Berlin, wir bleiben in Berlin!“, twitterte der Manager Michael Preetz) war eine Heimreise zu umständlich. Am Nachmittag trainierten die Blau-Weißen daher in Stuttgart auf den städtischen Sportplätzen. Die liegen an der Mercedesstraße dem Vereinsgelände des VfB schräg gegenüber, was belegt: Vedad Ibisevic hat endgültig die Seiten gewechselt.