Ein Neuanfang beim VfB Stuttgart in der zweiten Liga ist nur dann möglich, wenn sich der Club auch vom Sportvorstand Robin Dutt trennt. Ein Kommentar von Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Hätten die Spieler des VfB Stuttgart die Kämpferqualitäten von Robin Dutt, dann wäre der Verein nicht aus der ersten Liga abgestiegen. Ein Rücktritt ist für den Sportvorstand keine Option, vielmehr klammert er sich mit aller Kraft an seinen Posten. Wofür es zwei Gründe gibt: Zum einen dürfte es für Dutt im Moment nicht einfach sein, einen adäquaten Job im Profifußball zu finden. Zum anderen ist der selbstbewusste und ehrgeizige Manager auch überzeugt davon, weiterhin der richtige Mann für den VfB zu sein. Dieser Meinung sollte sich der in dieser Frage entscheidende Aufsichtsrat allerdings nicht anschließen.

 

Das Wichtigste, was der VfB jetzt benötigt, ist der Wille für einen Neuanfang. Der am Sonntag vollzogene Rücktritt des Präsidenten Bernd Wahler und die Entscheidung, dass Jürgen Kramny als Trainer abgelöst wird, reichen dafür nicht aus. Die Trennung von Dutt als Gesicht des Stuttgarter Absturzes ist ebenso unumgänglich.

Der VfB braucht die Rückendeckung der ganzen Stadt

Der VfB braucht in dieser ganz schwierigen Situation nicht nur Einigkeit im Verein, er benötigt jetzt auch die Rückdeckung der ganzen Stadt. Mit Robin Dutt, an dem sich in Stuttgart, aber auch im Verein schon lange die Geister scheiden, ist ein gemeinsamer Nenner nicht zu finden. Und der muss Zusammenhalt heißen. Das ist die Grundvoraussetzung für den angepeilten sofortigen Wiederausstieg. Ein Weiter-so unter Robin Dutt, der den Verein nicht mehr hinter sich versammeln kann, wäre das falsche Zeichen in einer VfB-Zeit, die starke Signale braucht.

Deutliche Signale hat Robin Dutt immer gesetzt. Vor einem Jahr das spektakulärste, als er die Arbeit seines Vorgängers Fredi Bobic im Rahmen einer eigens anberaumten Pressekonferenz öffentlich vernichtete. Er prangerte eine falsche Kaderplanung an und versprach, dass es beim VfB nie wieder eine One-Man-Show geben werde. Dutt sagte damals außerdem, dass er sich an seinen Worten messen lassen wolle. Zwölf Monate später trifft die Kritik, die Dutt an Bobic und dem VfB geübt hat, exakt auf die Konstellation mit ihm als Sportvorstand zu. Er selbst hat ein Team zusammengestellt, das nicht in der Lage war, den Abstieg zu verhindern. Sowohl der Sturm als auch die Abwehr genügten nicht einmal niederen Bundesliga-Ansprüchen. Auch die Verbesserungsversuche durch Neuzugänge während der Saison änderten daran nichts. Außerdem ging sein Plan mit dem eigenwilligen Trainer Alexander Zorniger komplett daneben und musste schon nach kürzester Zeit revidiert werden. Dazu kommt, dass der VfB mit dem Sportvorstand Robin Dutt in dieser Saison noch viel mehr als Ein-Mann-Betrieb wahrgenommen wurde als unter Fredi Bobic.

Aus dem Tiefpunkt kann eine große Chance werden

Dass der Club zuletzt ganz auf Dutt zugeschnitten war, ist mittlerweile sogar die einzige Chance für ihn, den Posten zu behalten. Nur mit dem Sportvorstand und dessen Netzwerk, so glaubt der eine oder andere im Aufsichtsrat, sei der Verein momentan handlungsfähig. Wenn es beim VfB neben Robin Dutt aber niemand mehr geben sollte, der über die nötigen Kontakte verfügt, um einen neuen Trainer zu verpflichten, wäre das nach dem sportlichen Offenbarungseid auch noch der strukturelle. Nun rächt sich auch, dass mit der Verpflichtung von Robin Dutt der Co-Manager Jochen Schneider verprellt wurde. Schneider arbeitet bei RB Leipzig in der kommenden Saison erstklassig. Der VfB, daran sollten sich die Verantwortlichen schnell gewöhnen, ist zweitklassig – und im Schwebezustand. Das muss sich ändern.

Wenn bei der Besetzung von Präsidenten-, Sportdirektoren-, und Trainerposten in dieser Woche die richtigen Entscheidungen getroffen werden, würde der Abstieg vielleicht schon bald nicht mehr nur als Tiefpunkt in der Clubgeschichte wahrgenommen werden, sondern als Chance, den VfB endlich wieder aufzurichten.