Wenn man an diese Saison zurückdenkt, erscheint es fast unglaublich – und doch ist es wahr: Vor acht Jahren hat der VfB die Meisterschaft gefeiert. Zeit, um sich an eine rauschhafte Nacht mit 250 000 Fans zu erinnern.

Stuttgart - Ist das wirklich erst acht Jahre her? Damals, am 19. Mai 2007, als eine Viertelmillion Menschen in die Stadt strömten. Als Thomas Hitzlsperger jenen Wahnsinns-Ball ins Tor drosch, der für alle Zeiten die Frage beantwortete, warum er auch „The hammer“ genannt wurde. Als der VfB-Autokorso vom Stadion bis zum Schlossplatz für eine sechs Kilometer lange Strecke Stunden brauchte, weil er in einem Stau der Begeisterung feststeckte? Als dort VfB-Spieler wie Mario Gomez und Sami Khedira die Meisterschale den jubelnden Fans präsentierten und die Fantastischen Vier einen ihrer Hits umdichteten: „VfB, mit freundlichen Grüßen – die Welt liegt uns zu Füßen, und wir stehen drauf.“

 

Ja, das alles liegt nur acht Jahre zurück. Aber es scheint eine Geschichte aus einer fernen Zeit zu sein, eine Geschichte, bei der du dich mitten in diesem Abstiegskampf 2015 wie dein eigener Großvater fühlst, wenn du sie erzählst. Dieser Rausch im Mai muss einem in einem anderen Fanleben widerfahren sein, als in den Reihen der Mannschaft mexikanische Zaubermäuse wirbelten, der Torwart Timo Hildebrand zwischen zwei Torpfosten Wunderdinge vollbrachte und der Verein noch kein Fall für die Allgemeine Ortskrankenkasse war.

Mit der Meisterschale ins Büro

Wer konnte das in dieser Nacht ahnen? Dass auf absehbare Zeit nie wieder in Cannstatt ein solcher Jahrgang wie der 2007er wachsen würde, dass du als Fan nicht mehr mit einer Pappschale ins Büro gehen kannst, ohne ausgelacht zu werden? Dass beim VfB bald nicht mehr der brasilianische Remstalschwabe Cacau wirbeln würde, der seinerzeit auf dem Schlossplatz einen Samba do Stuttgart zeigte?

Damals, kurz nach jenem 19. Mai 2007, muss in Stuttgart jemand versehentlich auf jene Taste gekommen sein, mit der man einen Film schnell vorspult: Am Stammtisch ging es nicht mehr um Fußball, sondern um den Bahnhof, die Stadt hat einen anderen Oberbürgermeister, zahllose neue Einkaufszentren, die sich als Tempel missverstehen – und wenn Stuttgart mal wieder in der Champions League mitspielte, dann war nicht von VfB-Flügelflitzern die Rede, sondern bestenfalls von den neuen Absatzzahlen der Firma Porsche. Und schlechtestenfalls von den enormen Feinstaubwerten am Neckartor.

Ein schlechtes Omen

Das Gute ist: In jener Euphorie der Meisterfeier konnte man sich eine Nacht lang vorstellen, dass es einen als VfB-Fan künftig immer nur den Neckar hinauftreiben würde. Stattdessen ging es derart rasant flussabwärts, dass manche Fans in ihrer Verzweiflung schon ernsthaft darüber nachdachten, mal wieder zu den Kickers zu gehen. Vielleicht hätte man in seiner Verblendung an diesem Jubeltag nur genauer hinschauen sollen: Der VfB-Kapitän Fernando Meira hielt die Meisterschale verkehrt herum, als er sie den Fans präsentierte. In dem Moment muss das Glück – wie bei einem verkehrt aufgehängten Hufeisen – entglitten sein. Und nach dem Rausch kam ein fieser Kater.