Das Geschäftsjahr 2012 endet für den VfB Stuttgart mit einem Verlust von 9,744 Millionen Euro – was wiederum viele Fragen aufwirft.

Stuttgart - Ulrich Ruf redet mit Händen und Füßen. Auf diese Weise versucht der Finanzvorstand des VfB Stuttgart, einen komplizierten Sachverhalt zu erklären. Es fallen Begriffe wie Cashflow, Stichtagsbetrachtung, Zinsaufwendungen und subsumierte außerordentliche Erträge. Dazu geht es um Zahlen, um sehr viele Zahlen, um Eckzahlen, Kennzahlen und Richtzahlen. Ruf stellt den Jahresabschluss 2012 vor und kommt zu dem Fazit, „dass wir ein Ergebnisproblem haben“. Das kann man so sagen – bei einem Minus von 9,744 Millionen Euro, das der VfB eingefahren hat.

 

Nicht, dass die Existenz des Clubs dadurch bald in irgendeiner Form gefährdet wäre. Zwar spricht Ruf „von dem höchsten Verlust, den ich hier je hatte“ (und er ist immerhin schon mehr als 30 Jahre mit an Bord), doch dem steht ein Vereinsvermögen entgegen, das auch nach dem finanziell verkorksten vergangenen Jahr noch 11,8 Millionen Euro beträgt. Davon können andere Bundesligisten wie der Hamburger SV oder Schalke 04 nur träumen. „Ich höre immer wieder, dass wir nicht handlungsfähig oder nicht liquide sind, aber das stimmt nicht“, sagt Ruf. Dennoch weiß er, dass es jetzt die eine oder andere Frage gibt.

Etwa jene: Haben der alte Aufsichtsratschef Dieter Hundt und der alte Präsident Gerd Mäuser nicht immer erzählt, dass sie den VfB nach guter, alter Kaufmannsart führen würden? Oder diese: Haben sie nicht betont, dass man eben nicht mehr Geld ausgeben könne, als man einnimmt? Oder folgende: Haben sie nicht ständig davon gesprochen, dass am Ende die schwarze Null stehen muss? Jetzt steht eine andere Ziffer. Sie lautet: -9,744 Millionen Euro.

Ruf hofft auch jetzt auf Transfererlöse

Ziel also klar verfehlt. Das ist eine Tatsache. Eine weitere sieht so aus, dass die Bilanz auch Erkenntnisse über die Entwicklung der Personalkosten bei den Profis liefert. Sie sind demnach von 47,2 Millionen Euro 2011 auf 49,1 Millionen 2012 gestiegen. Das verwundert etwas, da der Manager Fredi Bobic und der Trainer Bruno Labbadia seit geraumer Zeit beklagen, dass ihr Etat immer weiter reduziert werde. Von insgesamt nur noch 40 Millionen Euro war schon die Rede – mit der Konsequenz, dass die Fans dann auch von der Mannschaft nicht mehr allzu viel erwarten könnten.

Laut Bilanz ist der Spielraum von 2011 zu 2012 jedoch sogar etwas größer geworden – fast 50 Millionen Euro. Ruf begründet den vermeintlichen (oder tatsächlichen?) Widerspruch einerseits damit, dass aktuell die Beiträge mit drin seien, die der VfB für die Spieler an die Berufsgenossenschaft zahlt– was der Club aber 2011 auch schon gemacht hat. Und zum anderen verweist der Finanzchef auf die Prämienausschüttung für die Europa-League-Teilnahme 2012. Dieser Posten dürfte allerdings kaum so hoch gewesen sein, dass er sich gravierend aufs Budget ausgewirkt hätte.

Insofern wirft dieser Abschlussbericht nicht nur Fragen auf, sondern gibt auch Antworten. „Wir haben uns für den Sport entschieden“, sagt Ruf – und meint den Sommer 2012. Damals habe der VfB bei den Transfereinnahmen mit sechs Millionen Euro mehr gerechnet. Mit dem gesparten Gehalt des verkauften Spielers wären annähernd 9,744 Millionen Euro zusammengekommen. Diesen Prozess selbst ankurbeln wollte der VfB jedoch nicht, sagt Ruf. „Was wäre passiert, wenn wir noch einen Spieler verloren und uns sportlich geschwächt hätten?“ Im Zweifel setzte der VfB auf den Fußball. Ruf sagt es nicht direkt, aber genau das wurde dem Club zuletzt abgesprochen.

Ruf hofft auch jetzt auf Transfererlöse: „Der Markt bewegt sich noch.“ Ob sich der VfB wieder eine Größenordnung von sechs Millionen Euro vorstellt, verrät er dagegen nicht. „Was 2013 ist, sehen wir vor der Mitgliederversammlung 2014“, sagt Ruf. Ziemlich sicher ist, dass er auch dann wieder mit Händen und Füßen reden wird.