Zum Missfallen einiger Stuttgarter Schulen beendet der VfB Stuttgart bisherige Partnerschaften. Wie die Kolping-Akademie in Fellbach sich jetzt auf die künftigen Fußballstars vorbereitet:

Rems-Murr: Simone Käser (sk)

Fellbach - Lange Gesichter an den Stuttgarter Eliteschulen des Sports, Freude bei der Fellbacher Kolping-Akademie auf dem Bauknecht-Areal: Dort soll der Nachwuchs des VfB Stuttgart künftig zur Schule gehen. Bislang waren die Profifußballer von morgen an staatlichen Einrichtungen – darunter die Lindenrealschule, die Cottaschule, die Lerchenrainschule, das Wirtemberg- und das Schickhardt-Gymnasium – untergebracht. Dass der Zweitligist diese Partnerschaft beendet, bedeutet einen großen Einschnitt. „Wir haben hier alle Schularten gebündelt unter einem Dach. Das war dem VfB in den Gesprächen mit uns am wichtigsten“, erklärt Frederik Merz den Schachzug.

 

Die Verhandlungen laufen seit zwei Jahren

Der Verein habe sich den Schritt nicht leicht gemacht, betont der Assistent des Vorstands des Kolping-Bildungswerks Württemberg. „Die Verhandlungen mit uns laufen seit fast zwei Jahren.“ Die meisten würden schlussendlich eben doch keine Profis. Um so wichtiger sei eine gute Ausbildung, sagt Frederik Merz. Die erhielten die Nachwuchskicker wohl auch an ihren bisherigen Schulen. Doch bisher waren die Fußballjungs, je nach Schulart, in ganz Stuttgart verteilt. Mit dem Wechsel zur Kolping-Akademie am Baumschulenweg erhofft sich der Verein, dass nur noch mit einer Schule Absprachen nötig sind, die noch dazu nur acht Fahrminuten mit der S-Bahn vom Leistungszentrum in Bad Cannstatt entfernt ist. „Zudem ist bei uns auch bei einem Schulartwechsel kein Standortwechsel mehr nötig, sagt Merz.

Doch wie soll das Modell an der privaten Kolping-Akademie aussehen, das den Profis von morgen mehr Zeit zum Kicken und auch mehr Raum für die schulischen Leistungen einräumt? Für geregeltere Abläufe und mehr Ruhephasen haben sich der Vorstand des Kolping-Bildungswerks und die Verantwortlichen des Stuttgarter Vereins in den Vorgesprächen auf folgendes geeinigt: Immer mittwochs und freitags haben die VfB-Jungs ganz normale Schultage in ihrem Klassenverband. Montags, dienstags und donnerstags dagegen ist Training angesagt. Das wird so ablaufen, dass sie die ersten drei Stunden mit im Unterricht sitzen. Dann werden sie von einem Vereinsbus abgeholt und ins Leistungszentrum an der Mercedesstraße gefahren. „Dort gibt es nach dem Training Essen, und am Nachmittag erfolgt der Unterricht vor Ort durch unsere Lehrkräfte, die dafür extra nach Bad Cannstatt fahren“, sagt Silvia Rippa-Louis, die Leiterin der Kolping-Akademie. So fiele für den VfB-Nachwuchs das bisherige anstrengende hin- und herpendeln weg. Und es könne Zeit, die sonst durch Fahrzeiten verloren gehe, eingespart werden.

Sieben Trainingseinheiten absolvieren die Nachwuchskicker

Und was ist mit den übrigen Schülern der Kolping-Akademie? „Die müssen sich daran gewöhnen, dass einige ihrer Mitschüler mitten am Schultag wegmüssen und dann auch erst am nächsten Tag wieder zu sehen sind“, erklärt die Akademieleiterin. Wichtig sei hier auch, den Jugendlichen in der Klasse zu spiegeln, dass die Nachwuchskicker nicht in die Freizeit, sondern zu einem harten Training abgeholt würden, sagt Silvia Rippa-Louis.

Sieben Trainingseinheiten pro Woche, vier am Abend und drei am Vormittag, hat der VfB-Nachwuchs zu absolvieren. „Deshalb wollen wir versuchen, ihnen das Leben durch die Optimierung von Training und Schule zu erleichtern“, sagt Frederik Merz. Auf die Lehrkräfte der Kolping-Akademie kommen dadurch neue Aufgaben zu. „Wir müssen schauen, dass wir das mit genügend Personal gestemmt bekommen, dass Lehrer unseres Teams nach Bad Cannstatt fahren. Wir haben aber VfB-affine Kollegen, die sich jetzt schon auf das neue spannende Aufgabengebiet freuen“, sagt Silvia Rippa-Louis. Dass die VfB-Nachwuchskicker außer an Weihnachten auch in den Ferien Training haben, mache einmal mehr deutlich, dass durch die neue Aufgabe andere Belastungen auf die Lehrer zukämen, sagt die Leiterin. „Aber zuerst einmal sind jetzt die Eltern der Kicker gefragt. Sie entscheiden, wo ihre Kinder beschult werden.“

Die Beratungsgespräche mit den Erziehungsberechtigten sind angelaufen. „Die VfB-Jungs, die zu uns kommen, werden zum Schuljahr 2017/18 in die Bestandsklassen integriert“, sagt Merz. Das der VfB das Schulgeld für die private Einrichtung überweist – im Monat rund 150 Euro – macht die Entscheidung vielleicht etwas leichter.