Die Mercedes-Benz-Bank als Hauptsponsor verschiebt beim VfB Stuttgart die Machtverhältnisse. Joachim Schmidt spielt dabei eine zentrale Rolle.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Die Rollen sind klar verteilt bei dieser Veranstaltung. Der VfB-Präsident Gerd Mäuser steht dabei ebenso wenig im Mittelpunkt wie Franz Reiner. Obwohl der doch Chef der Mercedes-Benz-Bank ist, die gerade als neuer Hauptsponsor des Fußball-Bundesligisten vorgestellt wird. Der Mann des Tages im Presseraum des Stuttgarter Stadions heißt Joachim Schmidt. Dazu gemacht hat ihn eine Doppelrolle.

 

Als VfB-Aufsichtsrat und Mercedes-Benz-Vorstandsmitglied in Personalunion war er es, der diese vom Verein seit Jahrzehnten angestrebte und nun tatsächlich umgesetzte Partnerschaft eingefädelt hat. „Sie können mich gerne den Türöffner nennen“, sagt Schmidt. Diese Bezeichnung mag im Moment zutreffend sein, doch schon bald muss wohl ein neuer Begriff gefunden werden. Vielleicht: Joachim Schmidt, der neue starke Mann beim VfB?

Schmidt (64) sorgt dann auch dafür, dass niemand auf die Idee kommt, das Zusammenspiel als x-beliebiges Engagement einer kleineren Daimler-Tochter zu deuten und verweist darauf, dass neben dem Schriftzug „Mercedes-Benz Bank“ auf dem VfB-Trikot auch der nicht zu diesem Logo gehörende Mercedes-Stern prangt. „Das ist eine Ausnahme“, sagt Joachim Schmidt, der mit dieser Kreation die Verbundenheit des ganzen Unternehmens und der Mitarbeiter zum VfB sichtbar machen will.

Stern auf der Brust, Weltkonzern im Rücken: diese Kombination bringt beim VfB viel in Bewegung. Die Machtverhältnisse verschieben sich. Auch wenn Schmidt darauf verweist, dass nicht geplant sei, aus dem VfB eine Werkself im Leverkusener oder Wolfsburger Stil zu machen. Doch klar ist auch, dass der große Nachbar, dessen Zentrale direkt an das VfB-Gelände grenzt, fortan noch genauer hinschaut, was beim Club passiert. Und das dürfte sich nicht allein auf den sportlichen Bereich beschränken. So ist zum Beispiel davon auszugehen, dass der Konkurrent Porsche nicht mehr sehr lange in der Mercedes-Benz-Arena als Bandenwerber auftaucht. „Der Vertrag mit Porsche läuft noch, damit habe ich kein Problem“, sagt Joachim Schmidt, der dem VfB mit seinem selbstbewussten Auftreten in der Außendarstellung guttun kann. Steht der Verein doch bei vielen Fans im Verdacht, von einem alles beherrschenden Dieter Hundt geführt zu werden.

Und der VfB-Aufsichtsratschef scheint mit der neuen Kraft beim VfB kein Problem zu haben. Dieter Hundt war schon immer ein Befürworter einer großen Sponsorenlösung mit Mercedes.

Keine neue Mercedes-Werbestrategie

„Es ist gut vorstellbar, dass sich etwas Längerfristiges entwickelt“, sagt der Mercedes-Benz-Marketing-und-Vertriebsvorstand Joachim Schmidt zu der zunächst auf zwei Jahre ausgelegten Zusammenarbeit, die dem VfB pro Saison etwa sieben Millionen Euro einbringt. Darüber hinaus beinhaltet der Vertrag eine beidseitige Option für ein weiteres Jahr. „Die Beziehung zwischen Mercedes und dem VfB erreicht durch diese Partnerschaft eine neue Phase“, sagt der VfB-Präsident Gerd Mäuser zu diesem Abschluss und fügt an: „Was lange währt, wird endlich gut.“

Während sich beim VfB viel Hoffnung mit dem Mercedes-Einstieg verbindet, dürfen sich andere Vereine allerdings keine machen. Eine neue Werbestrategie jedenfalls, von der auch weitere Mannschaften profitieren könnten, steckt nicht hinter der Engagement beim VfB. „Als Firmensitz hat Stuttgart einfach eine herausragende Stellung, das wird nun auch auf sportlicher Ebene noch einmal unterstrichen“, sagt Joachim Schmidt. Der Konzern fährt also weiter prinzipiell eine global ausgerichtete Werbestrategie: im Motorsport, Tennis, Golf, Reiten sowie mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Der VfB ist die Ausnahme von der Regel, die Schmidt aber nicht als regional bezeichnen will: „Wir hoffen und freuen uns auf die europäischen Aktivitäten des VfB.“ Daneben verspricht man sich bei Daimler auch Sympathiepunkte für den Gesamtkonzern, die mit Hilfe des VfB eingefahren werden.

„Die Automarke lässt sich nicht noch bekannter machen, unsere Bank schon“, so Schmidt zur strategischen Überlegung. Und der Mercedes-Bank-Vorstand Franz Reiner sagt: „Wir sind stolz, mit dem VfB in die Wohnzimmer potenzieller Kunden zu kommen.“ Jung, emotional und erfolgreich lauten nun die Vorgaben des Hauptsponsors, denen der VfB gerecht werden soll.