VfB-Präsident Wolfgang Dietrich diskutierte im Wirtshaus Drive in Stuttgart-Vaihingen mit den Europapokalfreunden über die Ausgliederung der Profi-Abteilung und warnte vor dem Niedergang des Vereins.

Vaihingen - Sportjargon wirkt wahrscheinlich nirgendwo weniger fehl am Platz, als wenn viele Sportfans beieinander sitzen. „Ich habe noch nie ein Spiel verloren“, sagt Wolfgang Dietrich zu den im Vaihinger Wirtshaus Drive versammelten Europapokalfreunden. Und wenig später ruft der VfB-Präsident aus: „Das Spiel gewinnen wir!“ Da sind die versammelten Vaihinger Fußballfans nicht mehr zu halten. Jubel und Applaus füllen die Gaststätte. Wenn die Stimmung im Wirtshaus ein Omen sein soll für die außerordentliche Mitgliederversammlung am 1. Juni, so dürfte Dietrich in den kommenden Wochen ruhig schlafen.

 

Das Mitgliedervotum entscheidet darüber, ob der VfB mit der Daimler-AG ins Geschäft kommt und für 41,5 Millionen Euro 11,75 Prozent der Anteile einer zu gründenden VfB-Fußball-AG an das Unternehmen überschreibt. Dietrichs Botschaft scheint angekommen zu sein: Zu dem Millionen-Deal gebe es nur die Alternative Niedergang, machte er deutlich. Das erklärte er einem Publikum, dass bereits ein vorangegangenes Weißwurstfrühstück zu verdauen hatte. Dietrich ließ keinen Zweifel daran, dass der VfB ohne das Vorhaben nicht mehr konkurrenzfähig bleiben wird und zuschauen müsste, wie andere Vereine mit modernen Finanzierungskonzepten an den Schwaben vorbeiziehen.

Dietrich warnte vor Red Bull Leipzig

Er erwähnte als Beispiel den Gottseibeiuns für Fußballtraditionalisten, Red Bull Leipzig. Der Verein, der von Kritikern als „Marketingverein“ verspottet wird, könnte die Zukunft der deutschen Vereinskultur sein – wenn es Traditionsvereinen wie dem VfB nicht gelinge, den sportlichen Erfolg auf eine solide wirtschaftliche Basis zu stellen. „Ich kämpfe dafür, dass der VfB niemals in die Hände eines Mäzens gerät“, sagte Dietrich.

Wolfgang Dietrich zu Gast in unserem Newsroom:

Den Sinn der Ausgliederung und Gründung der VfB-Fußball-AG erklärte er dagegen nüchtern mit den finanziellen Notwendigkeiten. Die Daimler-AG als Partner stelle sicher, dass der Verein künftig Topspieler halten könne. Ohne diese sei ein Wiederaufstieg in die Erste Bundesliga nicht zu stemmen. Würde dieser aber unterbleiben, wanke das ganze Fundament, auf dem der Verein stehe. Denn dann müsse der Verein etwa mit geringeren Werbeeinnahmen leben. Beim Wiederaufstieg in die Erste Bundesliga sei dagegen ein Einstieg in die Auslandsvermarktung möglich, erklärte der VfB-Präsident. Er verwies auf Takuma Asano und andere internationale Spieler. In deren Heimatländer könnte der VfB bei einem größeren Erfolg in den Stadien zur Marke werden.

Die Fans sehen es ähnlich

Die versammelten Fans der Europapokalfreunde signalisierten nicht nur durch Applaus, sondern auch in ihren Wortäußerungen Zustimmung zu Dietrichs Konzept. Sie mahnten aber auch Transparenz an und forderten, dass die Mitglieder mitgenommen werden. Dietrich stellte mit der Schaffung eines von den Mitgliedern bestimmten Vereinsbeirats als wichtigstes Gremium nach dem Präsidium stärkere Mitbestimmung in Aussicht.

Neben der künftigen strukturellen Ausrichtung des Vereins wurde auch über Gewalt in Stadien diskutiert. Dietrich brachte ein Verbot von Taschen in Stadien ins Gespräch. Der VfB-Fanbeauftragte Christian Schmidt stellte aber klar, dass absolute Sicherheit nicht gewährleistet werden könne. „Im Gesamtverhältnis betrachtet, sind Stadien immer noch sichere Orte“, sagte er.