Timo Werner ist das Aushängeschild und die große Hoffnung des VfB Stuttgart. Vom Trainer Armin Veh bekommt der 18-Jährige aber erst einmal etwas Ruhe verordnet.

Stuttgart - Die Pflichten eines Nachwuchsprofis in den Lehrjahren hat Timo Werner nicht vergessen. Nach den Trainingseinheiten, wenn die älteren Kollegen in die Kabine marschieren, trägt der 18-Jährige gewissenhaft mal die Bälle, mal die Sprudelkisten vom Platz. Dabei soll er beim VfB Stuttgart eigentlich eine ganz andere Rolle ausfüllen als die des Wasserträgers.

 

Timo Werner ist die große Hoffnung des Vereins, er ist eines seiner Aushängeschilder und gilt als Versprechen auf bessere Zeiten. Zu Beginn der neuen Saison aber, seiner zweiten als Profi, befindet sich Timo Werner vorerst im Wartestand.

Bei der Pokalpleite in Bochum (0:2) reichte es noch zu einem 14-Minuten-Einsatz, im ersten Ligaspiel in Gladbach (1:1) saß er die ganze Partie über auf der Bank. Dort wird Werner mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei der Heimpremiere am Samstag (15.30 Uhr) gegen Köln Platz nehmen – denn: „Im Moment ist er nicht richtig in Form“, sagt der VfB-Trainer Armin Veh und rätselt, woran das liegen könnte. Ein Erklärungsversuch lautet: „Der ganze Hype hat ihm nicht gutgetan.“

Vergangene Saison brach Werner Rekorde

Mit Glanz und Gloria hat Werner in der Vorsaison die Bundesligabühne gestürmt und die Rekorde nur so purzeln lassen. Er war jüngster Debütant und jüngster Torschütze in der VfB-Geschichte; seine zwei Treffer in Freiburg machten ihn zum jüngsten Doppeltorschützen der Bundesligahistorie. Am Ende hätte nur noch gefehlt, dass Werner für die WM nominiert worden wäre – bei vielen Experten wurde er heiß gehandelt. Es war also sehr viel, was auf den Schüler eingeprasselt ist, mehr vielleicht, als ein 17-Jähriger verarbeiten kann – auch wenn Werner nicht im Verdacht steht, die Bodenhaftung zu verlieren.

Auch der Verein war nicht untätig, sein Eigengewächs, das seit der F-Jugend für den VfB spielt, in den Mittelpunkt zu rücken. In sportlich und wirtschaftlich trüben Zeiten wird Werner gern nach vorne geschoben, um die Stimmung ein wenig aufzuhellen und dem VfB wieder ein junges, frisches, erfolgreiches Gesicht zu geben. Kaum ein Plakat kommt ohne den Stürmer aus, der sich bedingungslos zum VfB bekennt und im März, am Tag seines 18. Geburtstags, seinen Vertrag trotz unzähliger Anfragen bis 2018 verlängert hat. Eine Ausstiegsklausel gibt es nicht, selbst im Falle des Abstiegs wäre er geblieben.

Die Folge all dieser Ereignisse: von keinem VfB-Spieler wurden vor dieser Saison mehr Trikots verkauft als vom Talent aus Steinhaldenfeld. Und kein Profi ist wertvoller als der Stürmer, der noch in der A-Jugend spielen dürfte. Auf zwölf Millionen Euro taxiert das Internetportal Transfermarkt.de Werners Marktwert – auf Rang zwei folgt in Antonio Rüdiger (zehn Millionen) ein weiteres Eigengewächs. So gesehen ist Werner also der größte Star in der Stuttgarter Mannschaft.

Armin Veh zeigt sich kritisch

Armin Veh will davon nichts hören und nichts lesen – und noch lieber wäre es dem Trainer, wenn sich auch Timo Werner selbst mit diesen Dingen nicht beschäftigt: „Für ihn wäre es einfacher, wenn er unwichtiger wäre, dann könnte er sich besser entwickeln.“ Veh hat keinen Zweifel daran, dass Werner „ein richtig guter Spieler werden kann“ – aber das benötige eben noch Zeit. Wenn man Werner öfter im Training sehe, sagt Veh, dann wisse man, warum er nicht von Beginn an spiele.

In seinem Umfeld wundert man sich über die kritischen Töne des Trainers – Werner selbst aber, so heißt es, bleibe ganz ruhig und arbeite hart daran, sich zu verbessern. Öffentlich äußern will sich der 18-Jährige nicht – vermutlich hat ihm auch der Verein geraten, sich vorerst allein auf die Arbeit auf dem Platz zu konzentrieren.

Im Nachhinein wäre es womöglich die bessere Idee gewesen, Werner zur U-19-EM nach Ungarn zu schicken, anstatt ihn beim VfB zu behalten. Er hätte internationale Erfahrung sammeln können und wäre, wie man jetzt weiß, als Europameister mit Selbstvertrauen zurückgekehrt. Doch verweigerte der VfB die Freigabe, weil Werner damals der einzige fitte Stürmer war. Zudem drang Werner selbst nicht auf die Teilnahme, weil er sich nach all dem Trubel und dem Abitur ganz auf die Saisonvorbereitung mit dem VfB konzentrieren wollte.

Momentan sei der Stürmer in einem Loch, sagt Armin Veh, langfristig werde es sich aber auszahlen, dass er die gesamte Vorbereitung mitgemacht habe: „Er wird noch kommen.“ Bis dahin aber brauche Werner Geduld und vor allem: Ruhe.