Regelmäßig machen die Spieler des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart seit Saisonbeginn unerklärliche Fehler in der Abwehr. Und die Probleme in der Defensive haben sich in den letzten drei Spielen sogar noch verschärft.

Stuttgart - Am Sonntag saß Armin Veh zur Frühschoppenzeit wieder einmal am Fußballstammtisch des Fernsehsenders Sport 1. Der Privatier hat über dies und jenes geredet – und natürlich auch über die Situation des VfB Stuttgart, von dessen Trainerbank er im vergangenen November geflüchtet war, entnervt von den vielen Unzulänglichkeiten seiner Spieler. Der VfB habe „eine Mannschaft, die immer will. Sie spielen ordentlich“, sagte Veh, „es passieren nur immer so einfache Fehler – und darum stehen sie da unten drin.“

 

Natürlich wäre es zu kurz gesprungen, die Riesenprobleme des VfB auf ein paar individuelle Patzer in der Abwehr zu reduzieren. Viel schwerwiegendere Fehler sind in den vergangenen Jahren an anderer Stelle begangen worden, in der Vereinsführung, im Management, im Scouting, im gesamten Verein. Sonst müsste der Deutsche Meister von 2007 nicht zum wiederholten Male ums Überleben in der Bundesliga ringen. Es gebe „sehr viel aufzuarbeiten“, dazu werde er „sehr viel zu sagen haben, auch öffentlich“, erklärt der VfB-Manager Robin Dutt: „Aber jetzt ist dafür der falsche Zeitpunkt. Jetzt zählt nur der Abstiegskampf.“ Und das bedeutet, so dramatisch das für die Spieler auch sein mag: jeder weitere Fehler vor dem eigenen Tor kann den direkten Abstieg in die zweite Liga bedeuten.

Es verheißt nichts Gutes für die letzten drei Spiele, dass sich amateurhafte Abwehrfehler wie ein roter Faden durch die gesamte Saison ziehen. Im ersten Heimspiel gegen Köln verschuldeten Daniel Schwaab und Antonio Rüdiger die beiden Gegentore zur 0:2-Niederlage, das 2:3 in Berlin leitete Carlos Gruezo mit einem töricht verursachten Foulelfmeter ein.

Zufall? Eher fehlende Klasse

Beim 3:3 gegen Leverkusen griff der Ersatztorhüter Thorsten Kirschbaum daneben, der in die Mannschaft gerückt war, weil Veh bei Sven Ulreich zu viele Unsicherheiten gesehen hatte. Timo Baumgartl wiederum spielte beim 2:3 gegen Dortmund einen zu kurzen Rückpass, während Gotoku Sakai beim 0:4 in Leverkusen völlig neben sich stand. Wen soll ein Trainer austauschen, wenn praktisch jeder Spieler für einen entscheidenden Fehler gut ist? „Ich glaube nicht mehr an Zufälle“, sagt Veh, „es hat was mit der Klasse zu tun.“

In den letzten drei Spielen hat sich die Pleitenserie noch einmal auf fatale Weise verdichtet. Gemessen an Chancen und Spielanteilen wären in Augsburg (1:2), gegen Freiburg (2:2) und auf Schalke (2:3) neun Punkte möglich gewesen – der Klassenverbleib wäre damit schon so gut wie sicher. Doch es reichte nur zu einem einzigen, weil weitere Fehler alle Bemühungen zunichte machten. Ulreich sah in Augsburg unglücklich aus, der Linksverteidiger Adam Hlousek vermasselte die 2:0-Führung gegen Freiburg, der Innenverteidiger Georg Niedermeier schlug auf Schalke über den Ball. Also sah sich Armin Veh noch einmal darin bestätigt, dass es vor Saisonbeginn eine ziemlich gute Idee gewesen wäre, personelle Veränderungen in der Hintermannschaft vorzunehmen: „Wir hätten damals im Abwehrzentrum etwas tun müssen, vielleicht auch links hinten.“

So nützt die neue Offensivkraft nichts

Man könne „alle Mannschaftsteile durchgehen, man findet überall Leute die Fehler begehen“, sagt Robin Dutt: „Aber wir dürfen jetzt nicht über die Spieler reden, die Böcke bauen, sondern über die, die Hoffnung machen.“ Den Angreifer Daniel Ginczek meint der Manager oder den Außenstürmer Filip Kostic, die der VfB im Sommer verpflichtet hat und die immer stärker werden. Doch was nützt alle neue Offensivkraft, wenn sich die Mannschaft hinten die Bälle quasi selbst ins Tor schießt?

„Wir machen zu viele Fehler, die immer wieder bestraft werden“, sagt Huub Stevens. Nie käme der VfB-Trainer (im Gegensatz zu Armin Veh) auf die Idee, einen seiner Spieler öffentlich an den Pranger zu stellen. Doch ist auch er (wie einst Veh) angesichts dieses Sammelsuriums an Patzern mittlerweile der Verzweiflung nahe. Nur in vier der 19 Spiele unter dem erklärten Defensivspezialisten Stevens stand die Null, in Hamburg, gegen Paderborn, in Köln und gegen Hertha, die offensivschwächsten Teams der Liga. Nur zu zehn Punkten hat es in der Rückrunde gereicht – eine Ausbeute, die sich kaum von Vehs Schreckensbilanz in der Hinrunde unterscheidet.

„Wir vermissen den Toni“, sagt Huub Stevens und meint Antonio Rüdiger, der in den letzten beiden Spielen wegen einer Grippe gefehlt hat. Gegen Mainz soll er am Samstag wieder dabei sein – doch gilt auch für den Nationalverteidiger: ein Fehler oder ein Platzverweis ist nie auszuschließen.