Für Jürgen Kramny ist die Partie am Freitag etwas ganz Besonderes. 15 Jahre lang lebte der Interimscoach des VfB Stuttgart in Mainz, wo nun wieder seine berufliche Zukunft stark beeinflusst werden kann.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Auf seine Fans kann sich Jürgen Kramny hundertprozentig verlassen. „Sie waren erst Mainz-, dann VfB-II- und jetzt VfB-I-Anhänger“, sagt er, „meine Kinder sind halt Papa-Fans und stehen immer hinter mir und meiner aktuellen Mannschaft.“ So muss der Stuttgarter Interimstrainer also nicht befürchten, dass Sohn Maurice und Tochter Michelle zum Gegner überlaufen. Obwohl ja beide in Mainz geboren wurden, wo der VfB am Freitag zu Gast ist.

 

Ein halber Mainzer

„Das ist ein ganz besonderes Spiel für mich“, sagt der 44-Jährige, „es wäre ja auch völliger Blödsinn, wenn ich etwas anderes behaupten würde.“ 15 Jahre hat Jürgen Kramny in Mainz gelebt, 13 Jahre war er beim FSV angestellt: erst als Spieler, dann als U-19-Coach und zuletzt als Co-Trainer bei den Fußballprofis.

Aber nicht nur die Vergangenheit macht dieses Spiel für Kramny so besonders, es hat auch viel mit der Gegenwart und Zukunft zu tun.Mit einem Sieg beim Tabellensiebten würde sich nicht nur die prekäre Situation beim VfB verbessern. Ein Erfolg ist fast schon die Voraussetzung, dass sich der Interimstrainer weiter Hoffnung machen darf, auch über die Winterpause hinaus auf der Stuttgarter Bundesligabank zu sitzen. „Eher neben der Bank stehen“, verbessert Kramny und zielt auf seine Position während eines Spiels ab – und auf die Körpersprache. „Das Thema muss in die Mannschaft rein“, sagt er vor dem in vielerlei Hinsicht so bedeutsamen Spiel: „Wir müssen entsprechende Zeichen setzen und brauchen dafür eine gewisse Härte, um Spielsituationen für uns zu beeinflussen.“

Deutliche Körpersprache

Was Jürgen Kramny dagegen nicht sehen will, ist die Passivität seiner Spieler, die dem VfB in der zweiten Hälfte den Sieg gegen Werder Bremen gekostet hat. „Außerdem brauchen wir mehr Coolness“, fordert er gegen die Mainzer, die aus den letzten fünf Spielen elf Punkte geholt haben. Selbstvertrauen, so der Interimstrainer, lasse sich leider nicht verordnen. „Das kann man sich nur auf dem Platz mit einem Erfolgserlebnis holen“, sagt Kramny, der aus den Spielen in Dortmund und gegen Bremen bisher einen Punkt geholt hat.

„Wir müssen nach vorne schauen und bekommen in Mainz die nächste Chance“, sagt Kramny plötzlich mit lauter Stimme und haut mit der Faust auf den Tisch. Er jedenfalls, das wird deutlich, will kämpfen. Auch wenn die Chance für ihn, 2016 noch Trainer der VfB-Profis zu sein, im Moment nicht besonders groß ist.