26 Spieler aus 14 Nationen – beim VfB Stuttgart wird künftig nicht nur Fußball unterrichtet. Wie sich die Multi-Kulti-Truppe am Neckar miteinander verständigt, haben wir einmal erforscht.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Unermüdlich rattern die Baumaschinen. Der Sound von Abrissbaggern und Presslufthammern verschmilzt zu einem sonoren Ta-ta-ta-ta-ta. Hannes Wolf muss die ganze Kraft seiner Stimmbänder bemühen, um sich bei seinen Spielern Gehör zu verschaffen. Denn das Trainingsgelände des VfB Stuttgart liegt in direkter Hörweite zur Untertürkheimer Daimler-Hauptzentrale, in der seit geraumer Zeit gebaggert wird. Die Bedingungen könnten besser sein, das hat der akribische VfB-Trainer Hannes Wolf immer wieder betont. Auch wenn die Bagger im Moment mal Pause machen.

 

Denn Verständigung ist das A und O – auch das wiederholt Wolf mantrahaft, der sagt: „Unser Ziel muss es sein, eine gemeinsame Sprache zu sprechen.“ Fußballerisch, taktisch, im Umgang miteinander. Was allesamt auf der richtigen Wahl der Worte fußt. Und da muss sich Wolf anstrengen – nicht nur wegen der störenden Nebengeräusche. Nach den Verpflichtungen von Josip Brekalo (Kroatien), Jérôme Onguéne (Frankreich) sowie Ebenezer Ofori (Ghana) weist der 26-Mann-Kader 14 Nationalitäten auf. Sprachlich bedeutet das: Im Clubheim wird neben Deutsch auch Englisch, Französisch, Portugiesisch, Spanisch, Japanisch, Polnisch, Kroatisch und Rumänisch gesprochen. Babylonische Verhältnisse also beim VfB?

Sportvorstand Jan Schindelmeiser winkt ab: „Ich sehe da überhaupt kein Problem.“ Neue Sprachen seien schließlich keine hinzugekommen. Im Wesentlichen beschränke sich die Kommunikation auf Deutsch, Englisch und Französisch, was in der heutigen Welt des Sports nichts Besonderes mehr ist. Und was die Integration des neuen Trios angehe, habe man nicht den ganz großen Zeitdruck. Schließlich wurden die Drei als Perspektivspieler mit Blickrichtung Bundesliga verpflichtet.

Nicht dem Zufall überlassen

Schindelmeiser und Co versuchen derweil, den Club in allen Bereichen weiter zu professionalisieren. Dazu gehört die schnelle Eingliederung von Spielern aus dem Ausland. Nichts soll dem Zufall überlassen werden. Jens Andrei, der frühere Dolmetscher der VfB-Mexikaner Pavel Pardo und Ricardo Osorio und zuletzt in der Fußballschule des Vereins tätig, wird künftig als Integrationsbeauftragter tätig sein. Er soll dafür sorgen, dass sich die Spieler außerhalb des Platzes in Stuttgart wohlzufühlen, ohne in eine Wohlfühloase abzudriften. „Der Job heißt nicht, für einen Spieler die Strech-Limo von Breuninger zu bestellen, damit sich die Frau ein neues Kleid kaufen kann“, sagte Schindelmeiser. Der Sportchef will vorbeugen: „Am Ende darf es nicht passieren, dass sich jemand aus nicht-sportlichen Gründen bei uns nicht durchsetzen kann.“

Also beschäftigt der Verein in Jumpei Yamamori schon etwas länger einen eigenen Dolmetscher. Der Japaner versucht seinem Landsmann Takuma Asano verständlich zu machen, was Wolf meint, wenn er davon spricht, Positionen eng zu halten oder die richtigen Räume zu besetzen. In Miguel Moreira hat der Club praktischerweise nicht nur einen Co-Trainer, sondern gleich auch noch einen Sprachlehrer verpflichtet. Der Deutsch-Portugiese betreibt bei Carlos Mané sprachliche Entwicklungshilfe. Offenbar so gut, dass der junge Portugiese mittlerweile erste Brocken Deutsch beherrscht. Als dritter Übersetzer fungiert Fanbetreuer Peter Reichert. Seit seiner aktiven Zeit in Straßburg und Toulouse ist Reichert des Französischen so weit mächtig, dass er Abwehrmann Benjamin Pavard soufflieren kann. Es war Schindelmeiser wichtig, das im Spätsommer geholte Dreigespann mit den stets in Rufweite agierenden Übersetzern schnell einzugliedern. Der damalige Trainer Jos Luhukay hatte da seinen Zweifel und übte Kritik an den vielen Nationalitäten im Team – was mit ein Grund für das spätere Zerwürfnis war.

Jetzt also das nächste internationale Trio. Ihre Fremdsprachenkenntnisse im Überblick: Der Kroate Prekalo (18) spricht Englisch und nach einem halben Jahr in Wolfsburg auch ein bisschen Deutsch. Der Ghanaer Ofori (21) ist englischer Muttersprachler, Jérôme Onguéne (19) lebt seit seinem elften Lebensjahr in Frankreich. Ein bisschen Englisch kann er auch.

Wolf wechselt zwischen Deutsch und Englisch

Wie gewohnt wird der VfB seinen Neuen Sprachlehrer an die Seite stellen. Den Rest erledigt Hannes Wolf bilingual. Deutsch und Englisch im Wechsel parliert der 35-Jährige auf dem Trainingsplatz und in der Kabine, so hat er es auch schon zu seiner Dortmunder Zeit gehändelt. Insofern bildet der junge Trainer das Gegenmodell zu Carlo „Internationale“ Ancelotti, der in München die bayrische Fahne hochhält: „Im Training wird Deutsch gesprochen!“

Ein alter Bekannter stellt unterdessen bei Eintracht Frankfurt unter Beweis, wie gut eine Multikulti-Truppe funktionieren kann. Mit einem 18 Nationen umfassenden Kader belegt die Eintracht unter Sportchef Fredi Bobic Rang drei der Bundesliga. Ein Modell, das auch dem VfB vorschwebt. Nichts soll die Mannschaft daran hindern, auch mehrsprachlich erfolgreich zu sein. Schon gar nicht eine lärmende Baustelle.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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