Die Stuttgarter machen mit dem Sieg gegen Köln einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt. Mehr aber auch nicht.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Wie sehr der VfB Stuttgart seinen Fans am Herzen liegt, konnte am Samstagabend auf der A61 bestaunt werden, als die rot-weiße Karawane nach dem 3:1-Erfolg beim 1.FC Köln freudetrunken wieder heimzog. Rund 5000 Freunde des Brustrings hatten den Traditionsclub von 1893 am Mittelrhein unterstützt. Nun glich die Autobahn einer Endloskette an schwäbischen Fanbussen. "VfB, Ole, Ole!", hieß es auch an jedem Parkplatz zwischen Köln-West, Moseltal, Hunsrück und Kraichgau, wo sich Mensch und Material mit Treibstoff versorgten. "Die Unterstützung unserer Fans war diesmal besonders beeindruckend - schließlich ist im Kölner Stadion immer richtiger Rummel", wusste auch der VfB-Trainer Bruno Labbadia hinterher, bei wem er sich zu bedanken hatte.

 

In seiner Euphorie hatte der eigene Fanblock zu guter Letzt gar "einen Tag, so wunderschön wie heute" für sich entdeckt, während es um die Kölner Anhänger still geworden war. Die hatten sich noch vor Spielbeginn nach zuletzt sieben Heimsiegen in Serie an der Vereinshymne "Mer stonn zu dir, FC Kölle!" der Kultband de Höhner berauscht. Am Ende sangen natürlich nur noch die Getreuen des VfB, denn ihr Club hat mit dem Erfolg beim FC einen sehr großen Schritt in Richtung Klassenverbleib getan. Vier Punkte Vorsprung besitzen die Stuttgarter nun auf den Relegationsplatz 16 - einen derart großen Puffer auf die drei letzten Tabellenränge der Fußball-Bundesliga hat der VfB in der gesamten Saison noch nicht gehabt. Ist der Club damit bereits aus dem Schneider? Tatsächlich haben gerade die Spieler, die sich zuletzt von einem Haufen begabter Kleinkünstler zu einem eifrig punktenden Kollektiv zusammengerauft haben, sehr feine Antennen für die Situation entwickelt.

Tortz der Führung nicht nachgelassen

Also war sämtlichen Akteuren des Vereins für Bewegungsspiele auch nach dem klaren und verdienten Auswärtssieg durch Tore von Christian Träsch (51.), Martin Harnik (53.) und Zdravko Kuzmanovic (63./Handelfmeter) bei einem Gegentreffer von Milivoje Novakovic (68.) nicht nach ausuferndem Jubel zu Mute. So lagen sich die Spieler, die Trainertroika Bruno Labbadia, Eddy Sözer und Eberhard Trautner sowie die Betreuer auf dem Rasen kurz und heftig in den Armen. Doch nachdem sich alle beim treuen Gefolge an der Nordostflanke des Stadions bedankt hatten, kehrte im Tross der Stuttgarter Profikicker schnell wieder eine erstaunliche Nüchternheit ein. Geschafft ist noch lange nichts - so lautete der einhellige Tenor, den der Manager Fredi Bobic wie folgt zusammen fasste: "Wir können jetzt nicht durchschnaufen, uns nicht zurücklehnen. Es wird weiter Druck aufgebaut." Heute haben die Sieger von Köln frei. Aber schon morgen wird wieder um 10 und um 15 Uhr trainiert.


Obwohl der VfB durch die Ergebnisse der Konkurrenz aus Gladbach, St.Pauli, Wolfsburg, Frankfurt, Bremen oder Kaiserslautern, innerhalb derer keiner mehr als einen Punkt holte, der Gewinner des 30. Spieltags im Unterrang der Tabelle ist, müssen noch weitere Zähler her. Das ist jedem klar. "Es war heute ein wichtiger Schritt, denn wir haben anders als bei der Niederlage gegen Kaiserslautern trotz der Führung nicht nachgelassen", sagte der Stürmer Cacau. "Aber wir müssen diese Mentalität auch beibehalten." Am Samstag empfängt der VfB, der nun 33 Zähler besitzt, den Hamburger SV, wo Bruno Labbadia vor genau einem Jahr seinen Trainerstuhl räumen musste. Da wollen die Stuttgarter ihren positiven Trend der vergangenen Wochen ("Das Lautern-Spiel war aber ein heftiger Rückschlag", so Labbadia) mit immerhin 14 Punkten aus den vergangenen sieben Spielen ausbauen. Schließlich soll der Verein möglichst nach den nächsten drei Partien das rettende Ufer erreicht haben. Den Grund erläutert Martin Harnik: "Am letzten Spieltag will keiner von uns gezwungen sein, in München noch was holen zu müssen." Zumal auch in Köln trotz des eindeutigen Ergebnisses deutlich wurde, wie fragil das VfB-System weiterhin ist.

Schließlich war die erste Hälfte eine zum Abgewöhnen - und auch beim Unparteiischen Peter Sippel darf sich niemand beschweren. Den Elfmeter zum 3:0, in dessen Vorlauf Khalid Boulahrouz dem Kölner Pedro Geromel aus zwei Metern an den angewinkelten Unterarm geschossen hatte, gibt nicht jeder Referee. Beim VfB will man sich aber nicht mit derlei Nebengeräuschen aufhalten - lieber denkt man ans große Ganze. "Gewinner sind wir erst, wenn wir es schaffen, in der Liga zu bleiben", resümierte Bruno Labbadia, ehe er in den Teambus stieg, der die Mannschaft nach Stuttgart brachte. Der rot-weiße Geleitschutz auf der A61 dürfte aber auch den Trainer erstaunt haben.


Köln: Rensing - Brecko, Geromel, Mohamad, Eichner - Lanig, Petit (71. Yalcin) - Chihi, Podolski, Peszko (17. Clemens) - Novakovic.

Stuttgart: Ulreich - Boulahrouz, Tasci, Niedermeier, Molinaro - Träsch, Kuzmanovic - Harnik (79. Schipplock), Hajnal (82. Gentner), Okazaki - Cacau (90. Delpierre).

Schiedsrichter: Sippel (München).

Zuschauer: 50.000 (ausverkauft).

Tore: 0:1 Träsch (51.), 0:2 Harnik (53.), 0:3 Kuzmanovic (63./Elfmeter), 1:3 Novakovic (68.).