Für Bruno Labbadia hat der VfB Stuttgart beim 2:2 in Nürnberg wieder einen Schritt in die richtige Richtung gemacht - einen kleinen zumindest...

Stuttgart - Am 22. Oktober 2011 fällt Fredi Bobic spontan der 22. September 2010 ein. Damals verlor der VfB Stuttgart beim 1. FC Nürnberg mit 1:2, auch weil ein regulärer Treffer von Pawel Pogrebnjak nicht anerkannt wurde. Jetzt erreichte die Mannschaft in Nürnberg ein 2:2, auch weil Zdravko Kuzmanovic einen zweifelhaften Handelfmeter zum zwischenzeitlichen 1:1 verwandelte. Damit schließt sich der Kreis für Bobic. Früher oder später gleiche sich im Fußball vieles aus, sagt der Manager, "momentan haben wir sicher auch ein bisschen Glück". Das ist jedoch nicht der einzige Unterschied zwischen dem 22. Oktober 2011 und dem 22. September 2010.

 

Vor 13 Monaten hieß der Trainer noch Christian Gross. Heute sitzt Bruno Labbadia auf der Bank. Er hat eine Entwicklung eingeleitet, die dazu führte, dass am Samstag ein Spitzenspiel ansteht - mit Beteiligung des VfB, der als Tabellendritter den Tabellenzweiten und amtierenden Meister Borussia Dortmund empfängt. Im Herbst 2010 folgte auf die Niederlage in Nürnberg übrigens ein Kellerduell gegen Frankfurt. Stuttgart lag auf dem 16. Tabellenplatz direkt vor der Eintracht. Der VfB unterlag mit 1:2. So ändern sich die Zeiten.

Nun ist es aber auch so, dass der Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist. Das zeigten die 90 Minuten von Nürnberg überdeutlich - siehe die Einschätzung von Bobic mit dem Glück, siehe die Analyse von Labbadia, der erneut erklärte, "dass wir nur eine Chance haben, wenn wir unser Leistungsvermögen hundertprozentig ausschöpfen". Das ist aber kaum in jedem Spiel zu leisten. Einer Spitzenmannschaft muss manchmal auch etwas weniger für einen Sieg genügen, aber dafür fehlt dem VfB noch die Klasse.

Einschnitte im Gefüge sind unerlässlich

Klar wurde am Samstag, was gut ist, aber genauso offensichtlich waren die Mängel, die es noch zu beheben gilt, wenn der VfB nicht nur auf dem Papier spitze sein will, sondern auch auf dem Platz. Dass die Elf in der Lage ist, geschlossen und taktisch diszipliniert aufzutreten, zieht sich wie ein roter Faden durch diese Saison - mit einer Ausnahme. In der ersten Hälfte von Nürnberg war auch davon nichts zu spüren, aber die anschließende Wandlung führte dazu, dass Labbadia davon sprechen kann, "dass wir wieder ein kleines Schrittchen nach vorne gemacht haben". Denn es sei gelungen, den Hebel noch umzulegen, "was eine wichtige Erfahrung ist", sagt der Trainer.

Um aber nicht nur kleinere Schrittchen hinzubringen, sondern mal einen richtigen Sprung, sind wohl Einschnitte im Gefüge unerlässlich. Die Gelegenheit bietet sich in der Winterpause, wenn die Transferliste wieder öffnet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wechselt der talentierte Torhüter Bernd Leno (19) dann zu Bayer Leverkusen. Obwohl Sven Ulreich (23) in Nürnberg nicht den souveränsten Eindruck vermittelte, ist nur noch die Ablöse offen. Nach StZ-Informationen will Bayer maximal fünf Millionen Euro zahlen und noch in diesem Monat sein Angebot abgeben.

Weiter ist der VfB gesprächsbereit, wenn sich ein anderer Club für Khalid Boulahrouz (29), Arthur Boka (28) oder Pawel Pogrebnjak (27) interessieren sollte. Und neuerdings gilt auch Timo Gebhart (22) als Verkaufskandidat, der in Nürnberg nicht mal zum Kader gehörte. Für ihn rückte Christoph Hemlein (20) auf. Gebhart könnte ein Kandidat bei 1899 Hoffenheim werden, wo sein einstiger Münchner Förderer Ernst Tanner als Manager amtiert.

Der Zweck heiligt die Mittel

Während es noch fraglich ist, wie viele Millionen Euro der VfB im Januar einstreichen wird, steht eine Antwort bereits fest: der größte Teil der Summe wird nicht wieder in die Mannschaft investiert, sondern verwendet, um eine möglichst ausgeglichene Wirtschaftsbilanz präsentieren zu können. So lautet die nicht verhandelbare Ansage der Vereinsführung mit dem neuen Präsidenten Gerd Mäuser.

Etwas Geld dürfen Labbadia und Bobic für Spielerverpflichtungen im Winter aber vermutlich ausgeben. In Nürnberg bestätigte sich erneut, wo der Handlungsbedarf am dringlichsten ist - bei den Außenverteidigern und im Angriff. Im Augenblick prüft der VfB ein paar Optionen. Sollte es gelingen, nach Tamás Hajnal (30), Shinji Okazaki (25), William Kvist (26) und Maza (30) eine weitere Verstärkung an Land zu ziehen, ist in der Rückrunde vielleicht mehr drin als so ein kleines Schrittchen wie in Nürnberg.

Die Chance, sich sogar für die Champions League zu qualifizieren, ist jedenfalls nicht so gering. Denn zum einen stellt der deutsche Fußball in der nächsten Saison erstmals seit längerer Zeit wieder vier und nicht mehr nur drei Vertreter in der Königsklasse - und andererseits ist das Niveau in der Bundesliga hinter den Bayern eher bescheiden. So hat es der VfB mit nicht gerade glänzenden Leistungen auf Rang fünf geschafft - mit einem System, das vor allem auf Ordnung und Stabilität beruht und weniger auf Kreativität und Spontanität.

Eigentlich will Labbadia einen schöneren Fußball spielen lassen, was er schon öfter betont hat. Aber das funktioniert in dieser personellen Zusammensetzung kaum. So heiligt der Zweck die Mittel. Aber wie lange klappt das? Mal sehen, was Bobic im Oktober 2012 zu sagen hat.

UpdateDer VfB Stuttgart steht nach dem 10. Spieltag auf Tabellenrang fünf, nicht auf Platz drei. Wir haben das im Text korrigiert.