Das Offensivtrio Kostic, Ginczek und Didavi kommt beim VfB Stuttgart spät auf Touren. Doch nach dem Verbleib in der Fußball-Bundesliga eröffnet es neue Perspektiven.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Paderborn - Michael Heinloth hat es mit Händen und Füßen versucht. Später auch Jens Wemmer mit einigen Fouls. Unterstützt wurden die beiden Abwehrspieler unermüdlich von Marc Vucinovic und Christian Strohdiek. Doch all das Doppeln und Trippeln hat nichts genutzt. „Wir konnten Filip Kostic weder in der ersten noch in der zweiten Hälfte verteidigen“, sagt André Breitenreiter. Und der Trainer des SC Paderborn betont zudem: „Filip Kostic ist der mit Abstand beste Spieler, der hier in Paderborn aufgetreten ist.“

 

Trotz eines FC Bayern mit Arjen Robben, trotz eines VfL Wolfsburg mit Bas Dost und trotz einer Leverkusener Elf mit Heung-Min Son, die je doppelt trafen in der Benteler-Arena, hat also ein Fußballer des VfB Stuttgart den größten Eindruck hinterlassen. Ein Spieler, der lange gebraucht hat, um in Schwung zu kommen. Ein Sechs-Millionen-Mann, der auf dem Weg schien, als Fehleinkauf abgestempelt zu werden.

Kostic-Gegner Heimloth ist überfordert

Doch nun versinnbildlicht Kostic ganz gut den Wandel im Stuttgarter Spiel, weil er den Angriffsaktionen mit seinem unheimlichen Tempo eine zusätzliche Dimension verleiht. Vor allem Heimloth wird das nach der Begegnung mit dem 22-jährigen Serben bestätigen können, denn der Paderborner Rechtsverteidiger musste zur Pause wegen größter Orientierungsprobleme auf seiner Abwehrseite draußen bleiben.

Dabei war das vor Kurzem noch alles andere als absehbar gewesen. Wenig bis nichts deutete darauf hin, dass die Stuttgarter Offensive den Verein für Bewegungsspiele vor dem Abstieg aus der Bundesliga zu bewahren könnte. Bis der Trainer umschaltete, bis Huub Stevens vor der Partie in Hannover am 28. Februar zu der Überzeugung kam, dass diese VfB-Mannschaft mit ihrem Hang zu individuellen Fehlern hinten niemals würde dicht halten können. Und bis vorne die lange verletzten Daniel Ginczek und Daniel Didavi in Form kamen.

Gemeinsam haben sie am finalen Spieltag die Paderborner Defensivreihen durcheinandergewirbelt: Kostic mit seinen atemberaubenden Dribblings, die an Robben erinnern, weil man weiß, was kommt, es aber nicht verhindern kann. Ginczek mit seinem Siegtor zum 2:1, und Didavi mit seinem Ausgleichstreffer und der Struktur, die er in das Spiel bringt. Gemeinsam eröffnen sie dem VfB nach bestandenem Abstiegskampf jetzt auch eine neue Perspektive: sie stehen für Tore, sie stehen für Spektakel, sie stehen für eine bessere Zukunft.

Ginczek denkt auch an seinen schwierigen Start zurück

Vergessen sind jedoch nicht die Tage, Wochen und Monate, in denen es ganz anders lief. „Ich wurde in Stuttgart anfangs schon sehr kritisch gesehen“, sagt Ginczek, „da kommt einer vom Absteiger und ist auch noch verletzt.“ Viel Prügel musste der ehemalige Manager Fredi Bobic für diesen Transfer vom 1. FC Nürnberg einstecken. Wie konnte man nur 2,5 Millionen Euro für einen Kreuzbandpatienten ausgeben?

Doch ohne die schwere Knieverletzung hätte der VfB einen Angreifer dieser Güteklasse kaum bekommen. Und überhaupt: wer konnte schon ahnen, dass Ginczek so lange nicht auf die Beine kommen würde? Bereits im Sommertrainingslager sprach der 24-jährige Mittelstürmer davon, im September wieder mitmischen zu wollen. Es dauerte länger, viel länger, um mit seiner körperlichen Wucht, seinem spielerischen Vermögen und seiner Effizienz die Stuttgarter zum besten Offensivteam der letzten sieben Spieltage zu machen. Kein Team erzielte mehr Treffer als der VfB – 14 bei wesentlich mehr ausgelassenen Torchancen.

So hat es der VfB geschafft, am letzten Spieltag erstmals in der Rückrunde einen der drei letzten Tabellenplätze zu verlassen. Auch spielerisch einen letzten Eindruck zu hinterlassen, der mehr zählt als die drei für den Klassenverbleib notwendigen Punkte. Ginczek ist der Fixpunkt im Sturmzentrum und hat Vedad Ibisevic verdrängt. Didavi steht für technisch hochwertigen Fußball – wenn sein Körper den Belastungen standhält. Und Kostic verleiht mit seinen Solonummern dem VfB wieder Flügel.

Dabei rehabilitiert der Außenstürmer Bobic auch in dieser Personalie. Der Ex-Manager holte die Offensivkraft vom FC Groningen gegen einige Widerstände für sechs Mllionen Euro. Schon im August verwies er auf das Potenzial des Serben und meinte, dass die Stuttgarter noch viel Freude an dem Jungen haben werden – wenn vielleicht auch nicht gleich. Nun haben sich die als Investitionen in die Zukunft bezeichnenden Verpflichtungen gerade noch in der Gegenwart bezahlt gemacht.