Gegen Borussia Dortmund bestreitet der VfB das nächste Abstiegsduell. Trainer Huub Stevens steht unter Hochspannung, verliert aber seinen Humor nicht.

Stuttgart - So schlecht können die Zeiten beim VfB Stuttgart gar nicht sein, als dass sich nicht auch ein paar gute Nachrichten finden würden. Die erste ist vor dem Heimspiel gegen Borussia Dortmund der Statistikabteilung des Clubs zu verdanken, die errechnet hat, dass der seit mehr als einem Jahr torlose Angreifer Vedad Ibisevic keinen anderen Bundesligatorwart öfter überwinden konnte als den BVB-Keeper Roman Weidenfeller (nämlich sechsmal). Die zweite verkündet Huub Stevens höchstpersönlich: Zwei seiner Assistenten seien diese Woche krank gewesen, berichtet der VfB-Coach, „sie haben versucht, mich anzustecken – aber das ist ihnen nicht gelungen“. Dass Stevens dabei herzhaft lacht, ist die dritte gute Nachricht und beweist: der 61 Jahre alte Fußballlehrer aus Kerkrade kann auch lustig.

 

Mit geballter Aggressivität nach dem Hoffenheim-Spiel

Sehr gut lebt Huub Stevens seit vielen Jahren mit seinem Image des ewigen Knurrers – beim VfB ist er zuletzt sogar zum Beller geworden. Denkwürdig war am vergangenen Samstag sein Auftritt nach der Last-Minute-Niederlage in Hoffenheim, als er auf der Pressekonferenz seinen Frust mit geballter Aggressivität zur Schau stellte und den fragenden Reportern unwirsch übers Maul fuhr. Es war ein emotionaler Ausbruch, der auch im eigenen Verein manchen irritiert hat. Eine gute Außendarstellung, sagen sie, sehe anders aus.

Vor dem Abstiegsduell gegen Dortmund, bei seinem nächsten öffentlichen Auftritt, verspürt Stevens wenig Lust, sich für seine Tiraden zu rechtfertigen. „Das ist Schnee von gestern.“ Trotzdem spricht er noch einmal von seiner Enttäuschung nach dem Hoffenheimer Siegtor, die offenbar so gewaltig war, dass sich der Trainer an den 19. Mai 2001 erinnert: Mit den Schalkern durfte er sich damals vier Minuten lang als Deutscher Meister wähnen, ehe sie doch nur Meister der Herzen wurden. Damals erschütterte ihn das Tor des Münchners Patrik Andersson im Parallelspiel in Hamburg bis ins Mark, diesmal war es der Treffer von Sebastian Rudy. „Ehrlichkeit“ habe er in Hoffenheim zeigen wollen, sagt Stevens, und findet es „schade, wenn das anders rüberkommt“. Er sei nun einmal „nicht Til Schweiger, ich bin kein Schauspieler und werde auch nie einer sein“.

Die zwei Gesichter des Huub Stevens

Zwei Gesichter hat Huub Stevens dennoch: das des Fußballtrainers und das des Privatmanns. „Wie ich wirklich bin“, sagt er gerne, „weiß nur meine Frau Toos.“ Als herzlich, humorvoll und fürsorglich beschreiben ihn Leute, die ihn etwas besser kennen, als einen Menschen, für den der Fußball nicht das Wichtigste ist im Leben. Seinen Trainerjob in Köln warf er einst hin, um seiner schwer kranken (und inzwischen geheilten) Frau beizustehen.

Das Bild des knallharten Malochers kultiviert Stevens dagegen in seinem Beruf. Niemand steht im Fußballgeschäft so sehr unter Druck wie ein Trainer, der am Ende für Wohl und Wehe eines ganzen Vereins verantwortlich ist. Stevens, der Sohn eines früh verstorbenen Bergarbeiters, spürt diese Verantwortung wie kaum ein Zweiter. Die Lage ist bitterernst beim VfB, wahrscheinlich ist Stevens der größte Profi im Verein – doch was der Trainer gar nicht brauchen kann, sind vermeintlich dumme Fragen der Reporter.

Stechend der Blick, beißend die Ironie

Trotz aller Eingangswitzeleien – auch vor dem Dortmund-Spiel kann Stevens nicht aus seiner Haut. „Habe ich bisher gegen eine Wand geredet?“, ruft er, als jemand wissen will, wie der Trainer die derzeitige Situation bewertet: „Ich habe von Anfang an gesagt, dass es dieses Jahr noch schwieriger wird als letztes.“ Stechend ist in solchen Momenten sein Blick, beißend ansonsten seine Ironie: „Es ist schön, dass am Profifußball so viele beteiligt sind – auch so viele Journalisten.“

13 Spiele bleiben Stevens, um den VfB vor dem Abstieg zu bewahren – zumindest dann, wenn sich der Verein nicht wieder entschließt, wie im Vorjahr ein zweites Mal den Trainer auszuwechseln. Noch ist Stevens in seiner Karriere nicht abgestiegen. Dabei soll es bleiben. „Es gibt noch genügend Punkte zu holen“, sagt er, „aber wir müssen schnell damit anfangen.“

Bei den Buchmachern ist der VfB der Abstiegsfavorit

Eine weitere gute Nachricht kommt vor dem Dortmund-Spiel immerhin von den Buchmachern: Sie erwarten ein Ende der Stuttgarter Sturmflaute und schütten daher nur wenig Geld aus, wenn man darauf setzt, dass der VfB wieder einmal ein Heimtor erzielt. Die schlechte Nachricht allerdings folgt sogleich: So niedrig wie bei keinem anderen Team ist die Gewinnquote, wenn man den VfB als Absteiger tippt.