Er galt schon als mittelgroßes Missverständnis, nun aber hat Marcin Kaminski erste Eindrücke beim VfB Stuttgart hinterlassen. Für Trainer Hannes Wolf gibt es gute Gründe, auf den Polen zu setzen.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Zwischen Vorbild und Nacheiferer, das liegt in der Natur der Sache, liegen meist Welten. Im Fall von Mats Hummels und Marcin Kaminski ist das nicht anders. Der eine ist Weltmeister, spielt in der Champions League beim FC Bayern und kommt in dieser Saison in der Bundesliga bereits auf neun Einsätze, sieben davon von Beginn an. Der andere, Kaminski also, steht in der zweiten Liga beim VfB Stuttgart unter Vertrag, auf sein fünftes Länderspiel für Polen wartet er seit geraumer Zeit, und die Saisonbilanz liest sich auch nicht gerade wie eine Überstundenabrechnung: Zweimal wurde der Abwehrspieler aufgeboten. Weil diese beiden Einsätze aber in den bislang letzten beiden Spielen gegen den Karlsruher SC (3:1) und Arminia Bielefeld (3:1) zustande kamen, hat Kaminski mit mit dem Bundesliga-Tabellenführer Hummels aktuell womöglich doch mehr gemein als die Stammposition in der Innenverteidigung: zum Beispiel die ordentliche Laune.

 

Bei Marcin Kaminski dürfte sie deshalb besonders gut sein, da er nach einigen Wochen in Stuttgart bereits als mittelgroßes Missverständnis galt. Gekommen war er als einer der ersten nach dem Abstieg des VfB – und zwar mit klarem Auftrag: Die seit Jahren wackelige Abwehr sollte endlich wieder an Stabilität gewinnen. Zuvor hatte er in Polen mit Lech Posen einige Erfolge gefeiert, nun „brauchte ich eine neue Herausforderung“, erklärte er im Juni und ergänzte: „Beim VfB erwartet mich genau das.“ Das er sie zunächst nicht würde meistern können, erwartete er wohl eher nicht.

Coach Wolf lobt die Trainingsleistungen

Ex-Trainer Jos Luhukay allerdings machte schnell deutlich, dass der Anpassungsprozess einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Statt gleich durchzustarten musste sich Kaminski hinten anstellen. Oder besser: ganz hinten. Timo Baumgartl, Toni Sunjic, Stephen Sama, später noch Benjamin Pavard – der 24-jährige Pole war in der Innenverteidigung nur fünfte Wahl, und nicht wenige Beobachter fragten sich, wie so einer den VfB nach vorne bringen soll.

So ging das mehrere Wochen, dann kam der neue Trainer Hannes Wolf, und dann kam das Derby beim Karlsruher SC, dem Verein also, der auch um Kaminskis Dienste gebuhlt hatte. Wolf brachte den Polen, erst im defensiven Mittelfeld, dann in der Abwehr – und erklärte hinterher: „Marcin hat seit Wochen gut trainiert, im Grunde vom ersten Tag an, an dem wir hier waren. Aber du kannst nicht hierher kommen und sofort alles auf den Kopf stellen.“ Sollte heißen: Kaminski hatte in den Augen des Trainerteams auch schon vor dem Derby das Zeug für die Startelf. „Wir haben darauf reagiert, was er uns angeboten hat“, erklärte Wolf. Womöglich blieben aber auch da schon leise Zweifel.

Keine Garantie für die nächsten Spiele

Denn Kaminski ging es in seinen beiden VfB-Auftritten nicht anders als dem kompletten Team. Insgesamt ordentlich, aber mit Phasen, die Anlass zur Sorge haben. So verschuldete er zum Beispiel gegen Arminia Bielefeld das Gegentor zum 1:1 – was für Trainer Wolf aber nicht Anlass für eine Generalkritik an seinem neuen Abwehrduo Kaminski/Baumgartl bot. „Marcin macht nur einen Fehler“, analysierte er, „aber sonst waren er und Timo sehr sauber.“ Klingt ganz danach, als ob da jemand ein Stammduett für die Abwehrzentrale gefunden hat. Allerdings: So weit würde Hannes Wolf nie gehen.

„Ich kann nichts festlegen“, sagt der Coach, der bislang beim VfB nachgewiesen hat, alles andere als ein festgefahrener Typ zu sein. Immer wieder bot er überraschende personelle Variationen – abhängig vom Gegner, nicht vom Ergebnis der Vorwoche. Und einspielen können sich Kaminski und Baumgartl in den nächsten Trainingstagen ohnehin nicht. Der Pole ist zwar nach dem freien Tag am Mittwoch wieder fest im Training eingeplant. Baumgartl allerdings wurde für die deutsche U-21-Nationalmannschaft nachnominiert und trifft mit ihr auf die Türkei und reist danach in Kaminskis Heimat Polen. Da auch Toni Sunjic und Benjamin Pavard international im Einsatz sind, ist der Bereich Innenverteidigung derzeit eher ausgedünnt.

Marcin Kaminski wird das wenig stören. Er wird sich im Training weiter anbieten, wird weiter fleißig die deutsche Sprache lernen und danach streben, dass er seinem Vorbild Mats Hummels künftig noch näher kommt. Nicht nur in Sachen Gemütslage.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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