Das Großkreutz-Comeback kommt ge­rade recht – die VfB-Fans feiern den Hoffnungsträger im Netz. Robin Dutt warnt aber auch davor, alle Last dem 27-Jährigen aufzubürden.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Zugegeben: Den nicht sportlichen Anteil von Clemens Fritz am 6:2 des SV Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart genau beziffern zu wollen wäre alles andere als seriös. Andererseits gilt: Dass der ehemalige Nationalspieler einen solchen Beitrag geleistet hat, ist anzunehmen. Fritz hatte längst sein Karriereende für diesen Sommer angekündigt – machte dann aber einen Rückzieher, den er mit der prekären Lage des SV Werder im Kampf gegen den Abstieg begründete. Und mehr noch: Sollte der Klassenverbleib nicht gelingen, sagte Fritz, werde er helfen, diesen Betriebsunfall zu reparieren. Starke Worte, starke Einstellung, starke Wirkung – wenige Tage später siegten die Bremener 6:2 gegen den VfB. Der sich in der Folge, nach dem Abrutschen auf einen direkten Abstiegsplatz, verdammt schwer damit tat, Signale der Hoffnung für die letzten beiden Partien gegen Mainz und in Wolfsburg zu finden. Bis Kevin Großkreutz aktiv wurde.

 

Zunächst auf dem Trainingsplatz: Seit dieser Woche ist der Abwehrspieler wieder voll am Ball – die Genesung des Muskelbündelrisses, den er sich im Auswärtsspiel beim FC Ingolstadt am 12. März zugezogen hat, schritt viel schneller voran als gedacht. Am Samstag (15.30 Uhr) gegen den FSV Mainz 05 wird er sein Comeback geben. Das allein schon macht den Anhängern des VfB Hoffnung auf eine gerade noch rechtzeitige Trendwende – was Großkreutz dann am Mittwoch in den sozialen Netzwerken von sich gab, noch viel mehr. „Das war absolut beeindruckend“, findet auch VfB-Sportvorstand Robin Dutt.

Zum einen erinnerte der Weltmeister sich, vor allem aber seine Mitspieler mit derben, aber wahren Worten an die Verantwortung für den Club. „Arsch aufreißen – kämpfen – gewinnen. Ausreden zählen nicht mehr!“, war auf Instagram zu lesen. „Es ist gut, wenn sich die Spieler gegenseitig in die Pflicht nehmen“, sagt Robin Dutt zur Kampfansage des schmerzlich vermissten „Mentalitätsspielers“. Fast noch positiver, weil außergewöhnlicher, kam beim Sportvorstand der zweite Teil von Großkreutz’ Äußerung an.

Sportchef Dutt nennt die Äußerungen „beeindruckend“

„Es ist sehr beeindruckend, wie sich Kevin mit dem Verein und den möglichen Konsequenzen unserer Situation identifiziert“, sagte Dutt – weil der Mann, den er in der Winterpause für 2,5 Millionen Euro von Galatasaray Istanbul zum VfB holte, ein ungewöhnliches Bekenntnis abgegeben hat. „Reicht es nicht, würde ich niemals so den Verein verlassen, sondern es wieder ausbügeln. Ich brenne. Dafür habe ich zu viel Stolz“, war Teil zwei der Botschaft des Außenverteidigers, der bedeutet: Der Weltmeister bleibt dem VfB selbst im Falle des Abstiegs treu. Oder gilt das jetzt Gesagte in vier Wochen schon nicht mehr?

Wer die Profibranche kennt, kann durchaus Zweifel anmelden an der Beständigkeit einer solchen Aussage. Wer weiß schon, welch verlockendes Angebot einen Absteiger doch zum Wechsel verführt? Bei Kevin Großkreutz allerdings hegt Robin Dutt keinerlei Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Veröffentlichungen: „Er ist einfach ein besonderer Typ, ihm nimmt man jedes Wort ab, auf ihn kann man sich zu 100 Prozent verlassen.“ Und der Ex-Dortmunder scheint ein Gespür dafür zu haben, bei den Fans den richtigen Ton zu treffen.

Oft wandelt er dabei zwar auf schmalem Grat, wählt auch mal derbe Worte und scheut sich nicht vor Deutlichkeit. Andererseits – und gerade im aktuellen Beispiel – bewirkt er mehr, als es eine aufgesetzte Kampagne des Vereins je könnte. Zwar gibt es auch Stimmen, die sagen, bereits jetzt vom Abstieg zu reden sei das völlig falsche Signal. Die Anhänger der Roten bejubeln ihren neuen Liebling im Netz allerdings überschwänglich. Der Tenor: Wir brauchen mehr von solchen Jungs. Das Problem: Derzeit steht Kevin Großkreutz mit seiner Einstellung ziemlich alleine da.

Nicht alle Last auf Kevin Großkreutz

Mehrfach schon mussten die Verantwortlichen zuletzt von ihren hoch bezahlten Profis angemessene Mentalität und Kampfgeist einfordern. Der sportliche Trend der vergangenen Wochen ist beängstigend, die Talfahrt endete nach dem beschämenden 2:6 in Bremen vorerst auf einem direkten Abstiegsplatz. Dazu kommen personelle Sorgen aufgrund von Verletzungen und Formtiefs. Das Großkreutz-Comeback kommt da zwar gerade recht, Robin Dutt warnt aber auch davor, alle Last dem 27-Jährigen aufzubürden. „Alleine kann er es nicht schaffen“, sagt der Sportvorstand, „wir brauchen ganz Stuttgart.“ Nach von Rückschlägen geprägten Wochen setzt aber auch er große Hoffnungen in seinen Weltmeister und dessen Ausstrahlung. „Wir brauchen auch mal positive Meldungen“, sagt er – und ist sicher: „Das kann was bewirken.“ Was genau? Am frühen Samstagabend ist nicht nur er schlauer.

VfB Stuttgart - Bundesliga

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